So schreiben Sie Ihre perfekte Rede.
Ich habe über 5.700 Reden geschrieben und zeige Ihnen hier, wie Sie zeitsparend zu Ihrem Redeziel kommen – systematisch, Schritt für Schritt.
Die perfekte Rede schreiben
Immer wieder nahen Anlässe, bei denen Sie „schnell mal ein paar warme Worte“ sagen müssen.
„Wie schreibe ich eine Rede?“ oder „Wer kann mir helfen, eine Rede zu schreiben?“ – das fragen sich dann viele.
Denn eine Rede schreiben oder den Text für eine Videobotschaft, das hat man früher in der Schule kaum gelernt. Aufbau, Einleitung, Mittelteil – Zuhörer begeistern … Wie man eine gute Rede schreibt, lehrt selbst die Universität eher selten.
Das Ergebnis?
Klingt zum Beispiel so:
„40 Jahre umfasst der Zeitraum, den Sie, Herr Gerhard, in unserem Hause Dienst getan haben, und Sie waren, wenn es nötig war, immer einsatzbereit.“
Im Dienst sollte man immer Dienst leisten. Aber Herr Gerhard war nur dazu „bereit“? Und auch nur dann, „wenn es nötig war“?
Er soll Lob bekommen – und bekommt eine Ohrfeige.
Derart abqualifiziert, kann der Mitarbeiter auch kaum als Vorbild für die anderen dienen.
Redeziel verfehlt.
Gute Vorbilder hätte dieses Unternehmen dringend nötig. Das jedenfalls vermittelt der Redner.
Denn was ist das für eine Firma, in der man für bloße Einsatzbereitschaft gelobt wird?
Einsatzbereit müssen Feuerwehrleute sein, die auf einen Brand warten. Aber für gewöhnlich sind Mitarbeiter, die Redelob verdienen, im Dienst nicht nur einsatzbereit – sondern tatsächlich im Einsatz.
Der Redner wirft ein schlechtes Licht auf sich selbst, auf den Jubilar und auf seine Firma. Vor allen Mitarbeitern und möglicherweise auch vor Kunden und Lieferanten. Vielleicht ist bei der Rede sogar die Presse dabei; dann ist der Image-Schaden noch größer.
Mich ärgert so etwas.
Das ist auch ein Grund, warum ich Redenschreiber geworden bin. Früher als Journalist habe ich fast täglich mehrere Reden hören müssen, sieben Jahre lang. Im Gegensatz zu anderen Zuhörern musste ich bei diesen Tausenden Reden wirklich aufmerksam zuhören, durfte nicht tagträumen, wenn es langweilig wurde – denn ich musste ja mitschreiben und durfte nichts verpassen.
Dabei stellte ich fest, welche Elemente in Reden gut ankommen und welche nicht. Nach Studium und rhetorischer Fortbildung schreibe ich nun seit 20 Jahren Reden für Firmen und Privatpersonen. Auch Ihre persönliche Rede schreibe oder optimiere ich gerne oder berate Sie dazu.
Zudem lehre ich Reden schreiben in Seminaren u. a. an der Deutschen Rednerschule, der Schweizer Journalistenschule und als Einzeltraining (auch online).
Nach mittlerweile rund 5.700 Reden weiß ich: Eine systematische Redevorbereitung spart Zeit und erhöht den Redeerfolg. Doch wie funktioniert das, wie schreibt man maximal effizient und effektiv eine Rede oder den Text für eine Videobotschaft?
Im Folgenden finden Sie meine systematische Anleitung. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg damit – und immer viel ehrlichen Applaus!
Inhaltsverzeichnis
1 In einer Viertelstunde 25 Stunden leisten
Auch, wer seine „warmen Worte“ geschickter wählt als im eingangs genannten Beispiel, dem Dienstjubiläum von Herrn Gerhard – meist handelt es sich bei den Worten um abgenutzte, kraftlose Standardphrasen; um das, was man „aus gegebenem Anlass“ eben so sagt. Statt durch kluges Redenschreiben mehr zu leisten.
Verzichten Sie auf Worte von der Stange
Das langweilt die Zuhörer. Die warmen Worte von der Stange sind nur selten warm genug, um den Zuhörer zu erwärmen. Der Redner verfehlt sein wichtigstes Ziel: das Publikum bewegen.
Wer die warmen Worte nicht aus dem Stegreif sagen kann, sucht beim Redenschreiben gerne nach Musterreden.
Was er dann findet, zeigt das Beispiel mit Herrn Gerhard – die obige Sentenz stammt aus einer Musterreden-Sammlung aus dem Duden-Verlag.
Jede Rede ist eine große Chance
Weil Know-how für Reden fehlt, muss man im Berufsleben eine Menge schlechter Reden ertragen. Reden, Ansprachen, Grußworte gelten deshalb gemeinhin als lästige Pflichtübung – für Publikum und Redner. Immer noch werden bei Redeauftritten regelrecht „Schriftstücke verlesen“, obwohl dies seit Gutenberg nicht mehr nötig wäre. Schrifttexte kann man längst mit Leichtigkeit vervielfältigen und schriftlich zur Verfügung stellen. Man muss sie niemandem mehr vorlesen. Doch die alte Gewohnheit der „Vorlesung“ hat sich von Generation zu Generation weitergetragen.
Gutes Redenschreiben wäre sinnvoll. Doch erst langsam folgt man im deutschsprachigen Raum der amerikanischen Gewohnheit, seine Rede von Redenschreibern ghostwriten zu lassen.
Eine professionelle Vorbereitung zahlt sich in jedem Falle aus. Denn jede Rede ist eine große Chance.
Rechnen Sie einmal, wie viele Menschen Sie mit Ihrer Rede persönlich erreichen, informieren, führen können: Wenn Sie die Redezeit mit der Zuhörerzahl multiplizieren, ergibt sich die – beachtliche – Größenordnung. Sprechen Sie beispielsweise eine Viertelstunde vor hundert Mitarbeitern, brauchten Sie 25 Stunden, um das selbe in Einzelgesprächen zu transportieren!
All dies spricht dafür, auch die „kleinen“, ritualisierten Redeanlässe – Jubiläen, Eröffnungen, Ehrungen, Verabschiedungen – nicht als Pflichtübung, sondern als besondere Gelegenheit für die eigenen Ziele zu betrachten. Eine gut geschriebene Rede ehrt den verdienten Mitarbeiter – motiviert, stimuliert und führt aber auch seine Kollegen.
Eine Rede hat nicht dieselbe Wirkung wie ein Vier-Augen-Gespräch, wirkt aber auf Grund der persönlichen Präsenz weitaus stärker als Schriftinformation. Das Gesagte schriftlich zu transportieren (15 Minuten entspricht etwa zwei Seiten Text) – das ist nicht nur weniger effektiv, sondern kann in der täglichen Papierflut sogar komplett untergehen.
Lohnt die Vorbereitung?
Damit Ihre Rede nicht untergeht, sollten Sie sie gut vorbereiten. Das heißt Ihre Rede schreiben. Selbst große rhetorische Naturtalente können ihre Rede vor dem Vortrag optimieren. Das niedrige Durchschnittsniveau deutscher Reden bereitet hier eine besondere Chance: Es ist nicht so schwer, überdurchschnittlich gute Reden zu gestalten. Die Zuhörer werden es Ihnen danken, mit wahrhaft freundlicher Aufmerksamkeit.
Auch wenn der Witz in Ihrer Rede gar nicht so umwerfend gut ist, auch wenn das beim Redenschreiben gewählte Dichterzitat kaum passt: Redenzuhörer lachen trotzdem, regelrecht demonstrativ – sie demonstrieren, dass sie dankbar sind selbst für die kleinste Auflockerung. Wir leben in einer „Erlebnisgesellschaft“, doch schon seit Menschengedenken gilt:
Der Zuhörer einer Rede will unterhalten werden. Ihre Rede darf kein Vortrag sein: Ihre Rede muss ein Erlebnis sein. Die Zuhörer hören dann gerne zu. Und – das Wichtigste: sie hören überhaupt zu. Trotz der günstigen Kommunikationssituation für Sie als Redner – Ihre Zuhörer sind erzogen worden, bei einer Rede zuzuhören – bleibt es schließlich jedem im Publikum allein überlassen, ob er tatsächlich zuhört oder geistig abschaltet. Eine gute Vorbereitung beeinflusst die Entscheidung „Höre ich zu?“ enorm zu Ihren Gunsten. Diese Vorbereitung sollte abgeschlossen sein, bevor Sie Ihre Rede einstudieren.
In klar definierten Schritten systematisch zum Ergebnis
Eine Rede informiert nicht nur, sondern soll beeinflussen. Wenn Sie eine Rede schreiben, haben Sie immer im Hinterkopf: Jede Rede sollte eine Überzeugungsrede sein! Machen Sie sich beim Redenschreiben deshalb zunächst klar: Was ist das Ziel meiner Rede? Was ist meine Kernaussage? Von der Redesituation hängt ab, wie Sie sie am besten transportieren. Dementsprechend sammeln und wählen Sie Ihre Munition. Beim ersten Ausarbeiten beachten Sie den optimalen Aufbau. Schließlich erledigen Sie die Feinarbeit, prüfen Ihre Worte, und kommen zur kreativen Kür: Bilder finden.
2 Überlegen Sie Ziele und Botschaft
Was wollen Sie mit der Rede erreichen? Versuchen Sie, vor dem Redenschreiben Ihre Hauptziele möglichst kurz aufzuschreiben. Formulieren Sie dann für sich die Botschaft, auf einen Satz reduziert.
Nehmen wir das Beispiel vom Anfang. Ein Mitarbeiter, Herr Gerhard, wird aus dem Dienst verabschiedet. Doch Ihr Hauptredeziel sollte mitnichten lauten: „Der Mitarbeiter soll möglichst freundlich verabschiedet werden.“ Für Sie ist das nur ein Nebenziel. Nutzen Sie die Chance durchs Redenschreiben, sich andere Hauptziele zu setzen, zum Beispiel:
Das sind mögliche Ziele, wenn Sie Vorgesetzter von Herrn Gerhard sind und vor Mitarbeitern sprechen. Sind Sie sein Kollege, reden vor seiner Familie, dann sehen Ihre Ziele anders aus. Was Ihre Ziele sind, finden Sie nach einigem Nachdenken leicht heraus. Schreiben Sie sie beim Redenschreiben stichwortartig auf. Dabei gilt: Sie dürfen beim Schreiben einer Rede egoistisch sein, wenn Sie sich Ihre Hauptziele klar machen. Aber Vorsicht:
- Das Publikum darf nicht merken, dass Sie den Anlass für Ihre Interessen nutzen.
- Was die Zuhörer erwarten, was die Redesituation von Ihnen verlangt, was nur recht und billig ist – hier: Herrn Gerhard freundlich verabschieden – sollten Sie trotzdem tun.
Beides gelingt Ihnen, indem Sie beim Redenschreiben Ihre Hauptziele umformulieren – in Botschaften. Sie wollen zum Beispiel, dass sich die Mitarbeiter ein Beispiel an dem fleißigen Herrn Gerhard nehmen. Dann könnte Ihre Botschaft lauten: „Fleiß lohnt sich!“ Sie stellen in Ihrem Redebeitrag dar, wie fleißig Herr Gerhard stets war – und wie sehr sich das für ihn gelohnt hat. Listen Sie detailliert jede Beförderung auf, die er bekommen hat.
Somit sprechen Sie nur gut über den Mitarbeiter – Sie verabschieden ihn also freundlich, wie man es von Ihnen erwartet -, setzen den Zuhörern aber gleichzeitig Ihr Redeziel in den Kopf. „Wenn ich auch so fleißig bin, bekomme ich auch so viele Beförderungen“ sollen die Zuhörer denken.
Bei jedem Redeanlass werden Sie nach einigem Nachdenken viele Redeziele für sich entdecken, die Sie dann mittels der Botschaften transportieren können. Eine Ausnahme von dieser Regel stellt die Trauerrede dar, vor allem, wenn Sie als Sohn oder Tochter eine Trauerrede auf Ihre Mutter oder Ihren Vater halten. Thilo von Trotha, Gründer des Verbands der Redenschreiber deutscher Sprache:
„Es ist eine Frage guten Stils, das Leben eines Verstorbenen nicht etwa für Verkaufsstrategien von Strümpfen zu instrumentalisieren.“
Transportieren Sie Ihre Botschaft klar, deutlich und mehrfach
Weil erfahrungsgemäß nur eine Botschaft am Ende wirklich hängen bleibt, sollten Sie beim Redenschreiben für jede Rede eine Hauptbotschaft, ein Hauptziel auswählen, das quasi die Titelmelodie Ihrer Rede ist: Diese Botschaft kehrt im Laufe der Rede immer wieder, leicht abgewandelt und mit neuen Beispielen untermauert. Herr Gerhard hat vielleicht nicht nur viele Überstunden geleistet, sondern war womöglich auch außerhalb der Dienstzeiten im Einsatz. Er hat nicht nur Beförderungen bekommen, sondern auch Incentives, Belobigungen, Prämien?
Die Hauptbotschaft kann eine sein, die Ihnen besonders wichtig ist. Wenn Sie die Wahl haben, entscheiden Sie sich für eine, die am besten auf das Objekt der Rede passt. Wenn Herr Gerhard gar nicht so fleißig war, machen Sie ihn nicht im Nachhinein dazu! Selbst für feierliche Festreden gilt: Ihre Botschaft muss glaubhaft und plausibel sein – sonst wird sie nicht angenommen. Suchen Sie also eine andere Eigenart von Herrn Gerhard, die Sie mit einem Ihrer Redeziele verbinden können.
Auch in feierlichen Momenten: Ihre Aussagen müssen glaubhaft sein
Manchmal müssen Sie regelrecht nach Trüffeln suchen. Wenn Herr Gerhard zum Beispiel faul, unzuverlässig und ein Langweiler ist … vielleicht könnte man wenigstens ehrlich sagen, dass er ein netter Mensch ist?
In diesem Fall könnten Sie das tatsächlich zu Ihrer Titelmelodie erheben: „Ein sympathischer Mensch (verlässt uns leider).“ Führen Sie detailliert aus, wie viel Spaß das Arbeiten mit solch einem netten Menschen gemacht hat. Wie sympathisch Herr Gerhard ist, haben ja auch immer wieder die Kunden bestätigt (die Sie damit als Zeugen für Ihre Botschaft einspannen). Sie erreichen somit Ihr Redeziel „Die Mitarbeiter sollen das Gefühl bekommen, dass bei uns das Arbeiten Spaß macht.“
Wenn es nun ganz schlimm kommt? Vielleicht sind die Mitarbeiter froh, den faulen und unsympathischen Herrn Gerhard endlich los zu sein. Loben Sie den Mitarbeiter zu sehr, wie bei Verabschiedungen üblich, haben Sie das Publikum gegen sich. Sagen Sie aber etwas Schlechtes über den Mitarbeiter, wäre das enorm unhöflich und Sie fallen aus Ihrer Redner-Rolle des „freundlichen Laudators“- so etwas mag das Publikum noch viel weniger.
Auch in solchen Fällen gilt: ehrlich bleiben und an die Redeziele denken.
Verfolgen Sie doch zum Beispiel Ihr Redeziel „Der Nachfolger sollte einen optimalen Start bekommen.“ Vielleicht war Herr Gerhard ja deshalb unbeliebt, weil er ein Pedant ist. Das könnten Sie drehen: Herr Gerhard hat alles bis ins Kleinste für seinen Nachfolger vorbereitet! Natürlich „mit der ihm eigenen Akribie“, wie Sie die Pedanterie umdeuten. Die Botschaft wäre also „Das Feld ist gut bestellt“ – und dafür dürfen Sie Herrn Gerhard tatsächlich „im Namen aller Mitarbeiter“ danken.
3 Munition sammeln
Wenn Sie Ihre Botschaft festgelegt haben, schreiben Sie sie auf einen Zettel und legen sie gut sichtbar auf den Schreibtisch. Lassen Sie Ihre Botschaft nicht aus den Augen, wenn Sie jetzt daran gehen, Stoff für Ihre Rede zu suchen oder auszuwählen. So wird Ihnen auch jenes Material auffallen, das Sie eigentlich links liegen gelassen hätten (Beispiel „Pedanterie“) – aber mit Ihrer Botschaft im Sinn fällt Ihnen auf, dass es doch nützlich sein könnte, weil Sie es effektvoll umdeuten können („Akribie“).
Und stets gilt: Gewichten Sie beim Redenschreiben, betonen Sie, fischen Sie aus dem Datenmeer genau das heraus, was Ihnen persönlich wichtig erscheint. Bei Reden kann man viele Ziele haben – Vollständigkeit ist bei Reden kein Ziel. Bei einer Jubiläumsrede zum Beispiel erwähnen Sie beim Redenschreiben die Vergangenheit nicht, um einen historischen Bericht zu geben (das wäre ein Referat, keine Rede) – sondern um in der Vergangenheit Anstöße und Argumente für die Zukunftsgestaltung zu gewinnen.
Wenn Sie zum Beispiel über Herrn Gerhard sprechen, haben Sie viele Möglichkeiten, aber begehen Sie nicht den häufigen Fehler, einen Lebenslauf zu verlesen. Das langweilt. Picken Sie lieber eine Station heraus, die Ihnen ins Auge fällt und Ihre Botschaft untermauert. Bei Reden geht es um Highlights, um subjektive Schwerpunkte. Angenehmer Nebeneffekt: Wenn Sie als einer von mehreren Rednern sprechen, minimiert sich das Risiko, dass Sie wiederholen, was andere schon gesagt haben. Jeder gute Redner setzt seine eigenen Schwerpunkte.
Vermeiden Sie Faktenfluten und Zahlenmeere
Reduzieren Sie Ihr Material beim Redenschreiben unter diesem Gesichtspunkt. Kandidaten für den Papierkorb sind besonders Zahlen und Namen: Zu viel davon ist nicht nur langweilig, sondern überfordert den Zuhörer. Wenn Sie sich und Ihre Zuhörer von dem Ballast befreien, bleibt vielleicht nicht mehr genug übrig, um die geforderte Redezeit zu füllen. Statt das Redemanuskript nun doch mit Unwichtigem zu füllen, sammeln Sie besser weitere, interessante Informationen zu Ihren Schwerpunkten. Telefonieren Sie, fragen Sie nach.
Behalten Sie Ihre Botschaft im Sinn, wenn Sie Ihre Munition wählen
Unterstützendes Material für die Botschaft sind auch Zitate von Dichtern und Denkern, auf deren Autorität Sie sich stützen können. Damit beweisen Sie auch Ihre Bildung und geben der Rede einen niveauvollen Anstrich. Für eine Titelmelodie wie zum Beispiel „Fleiß lohnt sich!“ finden sich leicht passende Worte. Übertreiben Sie aber nicht, sonst wirkt es wie bildungsbürgerliche Angeberei. Faustregel: Ein Zitat pro fünf Minuten Redezeit.
Vielleicht ist am Tag der Rede ja auch ein historisches Jubiläum, das zur Botschaft passt. Dass „heute auf den Tag genau vor … Jahren“ zum Beispiel irgendeine bekannte Fleißarbeit vollbracht wurde (Bauwerke beispielsweise), können Sie mit guter Wirkung zitieren. „Aus der Geschichte lernen“ ist speziell in Deutschland eine anerkannte Tugend; die Zuhörer folgen Ihnen da bereitwillig. Der Anlass erscheint wichtiger und Sie beweisen ebenfalls Ihr Wissen.
Perfekt wählen Sie die Zitat in Ihrer Rede, wenn es individuell auf den Gegenstand Ihrer Rede passt (lesen Sie hier mehr, am Beispiel von Zitaten zur Laudatio beim 70. Geburtstag).
Nicht jedes Material, das Sie verwenden möchten, muss zu Ihrer Botschaft gehören. Es gibt immer Informationen, die man einfach nennen will, muss oder sollte. Aber prüfen Sie beim Redenschreiben auf Herz und Nieren jede uninteressante Information, ob sie wirklich nötig ist. Werfen Sie Ballast ab.
Geben Sie Ihrem Publikum Nutzwert und Freude
Nutzen Sie den so entstandenen Freiraum, um dem Publikum zu gefallen. In der Medien‑, Spaß- und Erlebnisgesellschaft gilt immer stärker das alte Redner-Motto von Horaz: ‚Prodesse et delectare!‘ – nutzen und erfreuen!
Zuhörer erwarten verstärkt Nutzwert von Informationen, und sie wollen unterhalten werden. Arbeiten Sie beim Redenschreiben an Ihren Schwerpunkten also in dem Sinne, dass Sie überlegen: Welche Information bringt meinen Zuhörern einen Nutzen?
Bei der Verabschiedung von Herrn Gerhard wären das zum Beispiel persönliche Infos über seinen Nachfolger. Und suchen Sie nach Wortspielen (Witze mit Nachnamen sind aber tabu), nach Anekdoten und Zitaten – dadurch wird Ihre Rede lustig. Witzige Zitate, interessante Fakten und sogar Anekdoten zu Ihrem Redethema finden Sie schnell und einfach im Internet.
Bei Reden im privaten Bereich (etwa zum Hochzeitstag) sollten Anekdoten natürlich aus dem persönlichen Erleben gewonnen werden. Das heißt: Sie können Ihrer Rede einen besonderen Charme geben, wenn Sie die Verabschiedung von Herrn Gerhard vergleichen mit der Verabschiedung von Reichskanzler Bismarck oder Bundeskanzler Adenauer – wozu Sie wahrscheinlich leicht Anekdoten im Internet finden. Reden Sie aber bei Ihrer eigenen Silberhochzeit, wirken Sie mit solchen Vergleichen, als wären Sie auf der falschen Hochzeit(sfeier). Hier sollten Sie natürlich selbst erlebte Anekdoten zum Besten geben.
4 Der Aufbau
Sie haben Ihre Munition gesammelt, das Material ausgewählt und gewichtet. Wenn Sie jetzt ans Schreiben gehen, denken Sie daran: Es geht darum, Informationen zu verkaufen. Fakten, Meinungen und Prognosen so darzustellen, dass es Ihrem Redeziel nutzt.
4.1 Anregungen für die Grobgliederung
Beginnen Sie jetzt, Ihr Material grob in der Reihenfolge zu sortieren, wie Sie es später in der Rede präsentieren möchten. Jedes Thema hat seine eigene innere Logik, der Sie folgen sollten. Dabei können Ihnen die folgenden Aufbautypen als Anregung dienen:
Typ „Weihnachtsrede“:
- 1Zielen Sie auf das Wohlwollen Ihrer Zuhörer ab
- 2Sprechen Sie Gemeinsamkeiten mit dem Publikum an
Typ „Dankesrede“:
- 1Stellen Sie eine rhetorische Frage
- 2Beantworten Sie diese
Typ „Jubiläumsfeier“ oder „Hochzeitsrede als Brautvater“ (sehen Sie dazu auch meine Tipps für die Brautvaterrede)
- 1Erinnern Sie an die Vergangenheit
- 2beschreiben die Gegenwart
- 3Malen Sie die Zukunft aus
Typ „Inforede“:
- 1Beginnen Sie mit einer These
- 2Stellen die Antithese dar
- 3Lassen Sie die Synthese folgen
Typ „Klassischer Streitfall“:
- 1Versuchen Sie, das Wohlwollen Ihrer Zuhörer zu gewinnen
- 2Schildern eine bestimmte Situation
- 3Formulieren Sie Ziele
- 4Setzen sich mit gegnerischen Argumenten auseinander
- 5Führen Sie eigene Argumente ins Feld
- 6Gewichten zu Ihren Gunsten
- 7Appellieren an die Gefühle des Publikums
- 8Machen Sie einen Kompromissvorschlag
Typ „Flexible Argumentation“:
- 1Wecken Sie das Interesse an der Sache
- 2Nennen Sie Ihr Thema
- 3Begründen dessen Notwendigkeit
- 4Führen Sie hierfür Beispiele an
- 5Machen Sie Lösungsvorschläge
Nutzen Sie die Schemata flexibel. Beim Typ „Klassischer Streitfall“ ist es zum Beispiel möglich, die Punkte 2 und 3 sowie 4 und 5 miteinander zu vertauschen. Den Kompromissvorschlag können Sie auch weglassen. Die Punkte 7 und 8 können genauso gut einen Schluss bilden.
Die Schemata sollen Sie nicht einengen, sondern inspirieren
Lassen Sie sich von diesen Schemata nicht beschränken, sondern anregen. Anwendbar sind sie nicht nur für die grobe Gliederung, sondern auch innerhalb der Rede. Der Typ „Dankesrede“ beispielsweise steckt als Punkt 3 („Formulieren Sie Ziele“) im Schema „Klassischer Streitfall“. Die Schemata können Sie innerhalb auch im Kleinen nutzen, bis hinunter auf die Ebene einzelner Sätze. Der Typ „Weihnachtsfeier“ eignet sich zum Beispiel für Einleitungen.
Der Typ „Flexible Argumentation“ ist das variabelste, wandlungsfähigste Schema. Es handelt sich um einen Fünfsatz. Einleitung, Hauptteil und Schluss werden in einen logischen Bezug gebracht, der eine Disposition und Verarbeitung des Stoffs leicht macht. Weil ein bequemes und bewährtes Gerüst zu Grunde liegt, das sich an ganz verschiedene Redeabsichten anpassen lässt.
Auch die folgenden Beispielschemata sollen Sie anregen und Ihnen helfen, Ihren eigenen Redeaufbau zu untersuchen. Es ist nicht immer sinnvoll, solche Schemata als starre Schablonen zu nutzen. Sie können sich Ihre persönliche Form des Fünfsatzes konstruieren. Beispiele:
Fünfsatz als Kette:
- 1Der Vorschlag von X lautet …
- 2Meine Meinung ist jedoch …
- 3Wir sollten deshalb überlegen …
- 4Das würde bewirken …
- 5Darum lassen Sie uns …
Dialektischer Aufbau:
- 1Fakt ist …
- 2A ist der Auffassung …
- 3B jedoch meint …
- 4Stelle ich das vergleichend gegenüber, komme ich zu dem Ergebnis …
- 5Darum sollten wir …
Oder:
- 1Der allgemeine Standpunkt ist …
- 2Meine Ansicht dazu sieht so aus …
- 3Es gibt dazu Gegenpositionen …
- 4Pro und Kontra wird abgewägt
- 5Aufruf zur Entscheidung, zum Handeln
Kompromiss:
- 1A ist der Meinung …
- 2B meint dagegen …
- 3Das Gemeinsame ist …
- 4Daraus kann man den Kompromiss finden …
- 5Das könnte die Grundlage für künftiges Handeln sein.
4.2 Der Anfang
Der Anfang einer Rede bedeutet für den Redner meistens vor allem eines: Lampenfieber! Wenn Sie Ihre Rede allerdings früh genug vorbereiten, können Sie noch ohne allzuviel Redeangst in Ruhe überlegen: Wie kann ich mein Publikum gewinnen beim Einstieg in meine Rede?
Für den Anfang ist das oberste Ziel, überhaupt einmal die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen. Der Zuhörer soll zudem überzeugt werden, dass es sich lohnt, Ihnen zuzuhören.
Die ersten Worte sind daher entscheidend. Ebenso wie die ersten Sätze eines Werbebriefs, die darüber entscheiden, ob der Interessent sich dem Angebot zuwendet – so entscheiden Ihre ersten Worte, der erste Eindruck, ob Sie Ihre Informationen verkaufen können und Ihr Redeziel erreichen.
4.2.1 Optimal begrüßen
Die ersten Worte, wenn Sie Ihre Rede schreiben, bilden nun üblicherweise die Begrüßung. Wie diese Begrüßung aber üblicherweise ausgeführt wird, läuft dem Ziel zuwider, dass Sie sich für den Anfang Ihrer Rede beim Schreiben setzen sollten: das Publikum interessieren, Ihrer Rede weiter zuzuhören!
Möglichst viele Anwesende werden namentlich begrüßt, was bei vielen „anwesenden Ehrengästen“ in eine Art Begrüßungs-Marathon ausarten kann. Gibt es viele Ehrengäste, sprechen meist auch mehrere Redner – und dann wiederholt sich diese langweilige Prozedur der Begrüßungsrede sogar mehrfach.
Spielen Sie dieses eitle und altmodische Spiel nicht mit!
Halten Sie die Begrüßung so kurz wie möglich. Das Publikum wird es Ihnen danken. Sie bekommen einen Sympathie-Bonus, einen guten Start. Außerdem müssen Sie Aufmerksamkeit erregen – und das schafft man nicht, indem man üblichen Ritualen folgt.
Möchten Sie Reden schreiben lernen, beginnen Sie mit der Begrüßung. Konkret können Sie eine kurze Begrüßung wie folgt gestalten:
Nicht mehr als drei Begrüßungen am Anfang
Wie lang die Begrüßung sein soll, darüber gibt es verschiedene Ansichten. Wir empfehlen: Drei Anreden genügen in der Regel. In unserem Beispiel mit Herrn Gerhard könnte dies so aussehen:
„Sehr geehrter Herr Gerhard,
sehr verehrte/geehrte Damen, sehr geehrte Herren -
liebe Gäste!“
Zu Anrede 1:
Statt „Herr Gerhard“ setzen Sie je nach Rede die wichtigste Person ein. Also lautet der erste Atemzug Ihrer Rede: „Sehr geehrter Herr [Hauptperson]/[Gastgeber]/[Oberehrengast]!“
Viele Redner nennen die Hauptperson – den Jubilar, den Preisträger etc. – am Ende ihrer Anreden-Serie. Doch das ist zweifellos unhöflich. Wenn es eine Hauptperson gibt, sollte sie zuerst begrüßt werden, auch wenn sie rangniedriger ist als der höchste Ehrengast. So beweisen Sie als Redner Ihren Respekt vor dem Redeanlass und der Hauptperson – und machen schon im ersten Satz deutlich, dass Sie die Hauptperson tatsächlich für die wichtigste Person des Tages halten.
Wenn es keine Hauptperson gibt, entscheiden Sie selbst, ob Sie lieber den Gastgeber oder den höchstrangigen Ehrengast zuerst begrüßen.
Zu Anrede 2:
„Sehr verehrte/geehrte Damen, sehr geehrte Herren!“
Wenn es Ihnen als Mann gefällt, können Sie die Damen als verehrenswert anreden. Falls Sie als (oder für) eine Frau eine Rede schreiben, empfiehlt sich die Formel „Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren“ oder „sehr geehrte Damen und Herren“. Verzichten Sie beim Redenschreiben aber auf „meine sehr geehrten Damen und Herren“. Die Gäste gehören Ihnen nicht.
Wer von Anrede 1 nicht angesprochen wird, wird sich hier wiederfinden. Wenn Sie Ihre Rede schreiben, haben Sie Ihre Pflicht für den Anfang erfüllt und sämtliche Gäste angesprochen zum Auftakt. Bei sehr kurzen Reden kann diese Formel deshalb alleinstehend ausreichen.
Zu Anrede 3:
„Liebe Gäste/Kollegen/Freunde …“
Vom Anlass hängt ab, wen Sie hier begrüßen. Natürlich macht es einen Unterschied, ob Sie zum Beispiel eine Ansprache zu einer Werkseröffnung vorbereiten – oder eine Rede für Ihren eigenen 70. oder 80. Geburtstag schreiben. Entscheidend ist das Wörtchen „Liebe“: ein prägnantes, wahrhaft herzliches und persönliches Wort – stärker als Phrasen wie „möchte ich Sie persönlich ganz herzlich begrüßen“.
Weitere Begrüßungen: im Zusammenhang
Selbstverständlich kann es die Höflichkeit gebieten, weitere anwesende Gäste namentlich zu begrüßen. Das ist auch eine schöne Sache – Zuhörer werden freundlich und direkt angesprochen – und besonders als Gastgeber möchten Sie nicht darauf verzichten. Aber welches Gesetz sagt, dass eine Begrüßung direkt am Anfang erfolgen muss?
Platzieren Sie weitere Begrüßungen besser dort in Ihrer Rede, wo es inhaltlich passt. Wenn Sie beispielsweise bei der Eröffnung eines neues Bauwerks reden oder bei einem Richtfest, dann bietet sich folgendes Vorgehen an:
Im Mittelteil Ihrer Rede schildern Sie in leuchtenden Farben, wie wundervoll das neue Haus geworden ist. Also eine Glanzleistung des Architekten! Nun wird man Ihnen den Satz glauben:
„Ich freue mich deshalb ganz besonders, dass Herr Architekt XY heute mit uns feiert – Herr XY, auch an Sie ein herzliches Willkommen!“
Begrüßen Sie den Architekten aber direkt am Anfang – wie es üblich ist -, geht dies zwischen Ihren anderen Begrüßungen unter. Und das Publikum denkt gelangweilt: „Na ja, er begrüßt den Architekten halt, weil es seine Pflicht ist.“
Sehr geehrt, verehrt – oder wert?
Erscheint Ihnen die Grußformel „Meine sehr geehrten Damen und Herren“ zu egozentrisch – die Zuhörer gehören Ihnen schließlich nicht -, verwenden Sie „Sehr geehrte“ – eventuell durch ein „Guten Tag/Abend, …“ modern eingeleitet.
Mögen Sie es schön altmodisch, ist auch „Sehr verehrte Damen und Herren“ oder „Verehrter Herr …“ zulässig. Andererseits müssen Sie Ihre Zuhörer nicht schon am Anfang der Rede in den Rang eines verehrungswürdigen Idols erheben … Vom Gründer des deutschen Redenschreiber-Verbands stammt folgende Anekdote:
„Meine erste Rede für den Vorstandsvorsitzenden eines großen chemischen Unternehmens begann:
‚Meine sehr verehrten Damen und Herren.‘
Darauf er:
‚Ich verehre keine Männer.‘
Die Anrede wurde geändert.“
4.3 Der Einstieg
Mit der kurzen Anrede haben Sie dafür gesorgt, dass die Aufmerksamkeits-Bereitschaft der Zuhörer noch nicht erschöpft ist, bevor Sie nun mit Ihrer Rede beginnen. Doch jetzt kommt’s drauf an. Gefragt sind ein paar kurze, knackige und klare Sätze, die dem Zuhörer Lust machen, weiter zuzuhören.
Machen Sie Ihre Zuhörer aufmerksam
Denken Sie an Ihre Botschaft, und verbinden Sie diese mit einer interessanten Einstiegs-Information. Nehmen wir an, Sie wollen wie in unserem Beispiel einen Mitarbeiter verabschieden und Ihre Botschaft lautet „Fleiß zahlt sich aus.“ Nehmen wir weiter an, Sie stellen Schrauben her und Ihre Firma heißt „Eisenstein“. Dann könnte der Einstieg so lauten:
„Manche sagen, wir Eisensteiner wären arrogant.
Manche sagen sogar, wir seien der ‚FC Bayern‘ der Schraubenbranche.
Liebe Eisensteiner, der FC Bayern spielt in der Champion’s League – und ja, da spielen auch wir!
Aber das schafft man nicht mit Arroganz.
Sondern nur mit Fleiß.
Mit großem Fleiß.
Einer unserer Fleißigsten verlässt uns heute.“
Es ist Ihnen sicherlich aufgefallen: Mit diesem Einstieg erzeugen Sie ein Wir-Gefühl. Die Zuhörer fühlen sich angesprochen und mit dem Redner verbunden. Um einen Wir-Einstieg zu finden, fragen Sie sich, mit Ihrer Botschaft im Sinn:
Was habe ich mit meinen Zuhörern gemeinsam? Leben sie in derselben Region, sprechen sie denselben Dialekt, arbeiten sie in derselben Branche, gehören Sie derselben Firma an..?
Ähnlich wirkungsvoll sind Einstiege, die Sie mit den folgenden Fragen finden:
Ein guter Einstieg macht Arbeit, aber sein Effekt lohnt die Mühe. Um den Effekt zu verstärken, können Sie den Einstieg auch vor der Begrüßung, vor den Anreden, platzieren. Und selbstverständlich sind alle rhetorischen Mittel erlaubt – zum Beispiel eine Frage: „Wissen Sie, was heute vor hundert Jahren passiert ist?“
Im Gegensatz dazu sollten Sie protokollarische Standardphrasen vermeiden. „Es ist mir eine ganz besonders große Freude und Ehre, heute zu Ihnen sprechen zu dürfen.“ Wie oft wird hier gelogen – unter dem Deckmantel der Höflichkeit. Das macht Sie als Redner unglaubwürdig. Sollten Sie sich tatsächlich freuen und geehrt fühlen, formulieren Sie das besser in ihren eigenen Worten. Und sagen Sie nichts, was alle schon wissen. Zum Beispiel: „Wir haben uns heute hier versammelt, um …“ – ein weiterer, schrecklich langweiliger Standardsatz, auf den Sie verzichten können.
4.4 Der Mittelteil
Sie haben im Aufbau nahezu die selben Freiheiten und Möglichkeiten wie bei geschriebenem Text. Lassen Sie sich inspirieren von den Schemata der Grobgliederung (siehe „Anregungen für die Grobgliederung“), die Sie auch im Kleinen, für einzelne Abschnitte in Ihrem Mittelteil verwenden können.
Bauen Sie einfach und übersichtlich
Wie auch immer Sie den Mittelteil bauen – sortieren Sie ihn gut. Konstruieren Sie möglichst einfach und übersichtlich. Bedenken Sie, dass ein Leser viele typografische Signale und Hilfsmittel bekommt, die ein Hörer nicht hat: Seitenzahlen, Gliederungspunkte, Überschriften, Fett- und Kursivdruck, Unterstreichungen und Anführungsstriche …
Setzen Sie sprachliche Gliederungssignale
Wenn Sie eine Rede schreiben, versprachlichen Sie diese grafischen Hilfen, die das Textverständnis erleichtern. Sprechen Sie verstärkt von „Erstens, zweitens, drittens“, ersetzen Sie einen Fettdruck durch Betonen (im Manuskript markieren), geben Sie das Signal für Anführungsstriche durch Formulierungen wie „ich zitiere“. Mit einem Wort: Machen Sie den Aufbau deutlich.
Auch Satzzeichen kann man nicht hören. Es empfiehlt sich daher, die Sätze im Redemanuskript in Sinneinheiten aufzuteilen und pro Zeile sogar nur eine Sinneinheit zu drucken. Beispiel
„Wissen Sie,
was
heute vor hundert Jahren
passiert ist?“
Denken Sie stets daran, dass ein Leser zurücklesen kann – der Hörer Ihrer Rede aber nicht. Während bei kurzen gedruckten Texten eine einzige Zusammenfassung am Ende üblich und ausreichend ist, danken es die Zuhörer bei längeren Reden (ab 15 Minuten), wenn sie innerhalb des Redetextes kurze (!) Zusammenfassungen oder Ausblicke auf das Folgende bekommen. Wiederholen Sie auch Kernsätze; besonders dann, wenn diese Ihre Botschaft stützen.
4.5 Der Schluss
Auch das Ende Ihrer Rede kann der Zuhörer nicht sehen – Sie sollten es sprachlich signalisieren. So regen Sie den Zuhörer noch einmal zu erhöhter Aufmerksamkeit an. Bei längeren Reden ist es sinnvoll, eine Zusammenfassung am Ende zu servieren. Um zu signalisieren, dass Sie zum Ende kommen, können Sie die Rede zu einer runden Sache machen, indem Sie einen Bogen zum Anfang schlagen. Oder Sie leiten zum nächsten Programmpunkt über – bevorzugt dann, wenn er mit Ihrer Rede zu tun hat: „Wir möchten Herrn Gerhard ehren. Das wollen wir jetzt auch Schwarz auf Weiß tun. Mit einer Urkunde.“
Kündigen Sie das Ende an
Wie Sie den Schluss am besten gestalten, hängt auch von der Art Ihrer Rede ab. Hier einige Redetypen mit den Marschrouten zum passenden Schluss:
Analytische Ausführungen: Wenn Sie in Ihrer Rede Alternativen diskutieren, oft mit „Einerseits – andererseits“ argumentieren, präsentieren Sie am Ende Ihre Schlussfolgerung und sagen, was daraus folgt: Nennen Sie die Konsequenzen.
Emotionale, verletzende Rede: Versöhnen Sie die Gegensätze, indem Sie beispielsweise ein Wir-Gefühl produzieren: „Wir sind uns zwar nicht einig, aber wir sind alle …“
Führungsrede: Geben Sie einen Ausblick in die Zukunft.
Moralische, nachdenkliche Reden: Fassen Sie die Aufgaben stichwortartig zusammen und appellieren Sie an das Gewissen der Zuhörer.
Motivationsrede, Wahlkampfrede, Angriffsrede: Fordern Sie zum Handeln auf!
5 Die richtigen Worte und Sätze
Die besten Reden schreibt man nicht, sondern man schreibt sie ab. Das soll nicht bedeuten, dass Sie Redentexte stehlen – Sie sollten sie diktieren.
Beim Schreiben tendieren wir dazu, uns kompliziert auszudrücken. Denn in der Schule haben wir gelernt, dass „wichtige“ Texte schwierig zu lesen sind. Das führt meist dazu, dass noch im Erwachsenenalter schwer verständliche Texte mit dem positiven Prädikat „anspruchsvoll!“ gelobt werden – fälschlicherweise.
Ist der Text unverständlich, ist nicht der Leser oder Hörer dumm, sondern der Autor hat sich nicht genügend Mühe gegeben. Ein Redenschreiber muss sich besonders viel Mühe geben.
Verständlichkeit ist Trumpf – ein Redezuhörer kann nicht zurücklesen und kaum nachfragen
Ein Leser kann zurücklesen, wenn er einen Satz nicht verstanden hat. Ein Gesprächspartner kann nachfragen, wenn er etwas nicht verstanden hat. Der Zuhörer einer Rede nicht, denn er soll sich ruhig verhalten. Wer nun als Redner „wichtig“ und „anspruchsvoll“ klingen will, d. h. kompliziert – der läuft Gefahr, gar nicht verstanden zu werden.
Verständlichkeit ist daher bei Redetexten oberstes Gebot. Bemühen Sie sich um eine einfache, klare, mündliche Sprache. Wenn Sie Ihren Text diktieren, wird er automatisch verständlicher. Denn beim Sprechen sind wir eher auf Verständlichkeit trainiert als beim Schreiben. Lesen Sie sich Ihren Text in jedem Falle laut vor, dann fallen Ihnen unverständliche Stellen auf.
Ich empfehle außerdem, eine kurze Rechtschreibprüfung durchzuführen, da Schreibfehler beim Vorlesen für Verwirrung sorgen können. Ein fehlerfreier Text ist umso wichtiger, wenn Sie die schriftliche Rede als Andenken verschenken möchten.
Systematisch optimieren Sie die Sprache Ihres Redetexts, indem Sie die folgenden Punkte jeweils in einem eigenen Durchgang kontrollieren. Suchen Sie in Ihrem Textentwurf beispielsweise im ersten Durchgang ausschließlich nach Adjektiven und prüfen Sie jedes Adjektiv, ob es durch ein besseres ersetzt oder komplett gestrichen werden sollte:
5.1 Adjektive
Das Wort „Adjektiv“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „das Drangeworfene“. Adjektive sind die beliebtesten Hilfsmittel, um Redentexte aufzublähen, sie als wichtiger und gehaltvoller scheinen zu lassen.
Tatsächlich werden Reden dadurch schwammig und ungenau. „Adjektive richten Schaden an: Sie spreizen, blähen und verwischen, sie provozieren Doppeldeutigkeit und Widersinn, wattig legen sie sich auf schlanke Verben und pralle Substantive.“ (Wolf Schneider)
Etwa 60 Prozent aller Adjektive können Sie entfernen
Durchschnittlich zwei von drei Adjektiven sind entbehrlich. Darauf sollten Sie verzichten:
- „Edelfüllsel“ wie „eklatant“, „unmissverständlich“, „sensibilisiert“
- Tautologien wie die altbekannten weißen Schimmel und schwarzen Raben, aber auch moderne Varianten wie „situative Gegebenheit“ (nennen Sie das besser „Lage“).
- aus Substantiven entstandene Adjektive nach dem Strickmuster: Hauptwort wird in Adjektiv plus Substantiv zerlegt. Beispielsweise werden aus „Werbeaktivitäten“ „werbliche Aktivitäten“
- aus Substantiven gebaute Adjektive mit einem nichts sagenden weiteren Substantiv. Beispiel: Aus „in der Schule“ wird „im schulischen Bereich“
- aus Substantiven neu erfundene Adjektive. Beispiel: „dialektaler Sprachgebrauch“ statt „Dialektgebrauch“
- Adjektive aus Ländernamen. Sie sind nicht nur meist überflüssig, sondern oft überdies unverständlich – zum Beispiel „guatemaltekisch“
- doppeldeutige Adjektive. Beispiel: „soziale Kälte“ – dies kann auch bedeuten, dass die Kälte sozial ist
- einem Hauptwort falsch zugeordnete Adjektive. Beispiel: „künstliche Intelligenzforschung“
- falsch gesteigerte Adjektive, zum Beispiel „in keinster Weise“.
Bei der Textoptimierung empfiehlt E. A. Rauter („Vom Umgang mit Wörtern“, München 1980) bezüglich Adjektiven: „Wo es nicht zwingend ist, ist es falsch.“ Bei Adjektiven rät W. E. Süskind („Vom ABC zum Sprachkunstwerk“, Stuttgart 1953): „… sogar völlige Enthaltsamkeit ist besser als das Gegenteil.“
Wolf Schneider gibt zwei Regeln an die Hand: Adjektive nur da, wo sie unterscheiden, aussondern („das blaue Kleid, nicht das grüne“) oder werten („ein sehenswerter Film“) – oder wenn ein geläufiges Adjektiv in einen unvermuteten Zusammenhang gestellt wird, wie beispielsweise von Goethe, der „im Himmel hoch in den Alpen eine feindselige Gärung“ aufsteigen sah. Im Zweifelsfall: lieber auf das Adjektiv verzichten.
5.2 Substantive
Besonders bei einer Rede sind bildhafte Substantive zu verwenden, zum Beispiel: „Stern“, „Himmel“, „Wolke“, „Blitz“, „Baum“, „Tod“. Außerdem bildnahe Nomen wie „Liebe“, „Treue“, „Unglück“ oder „Neid“.
Vermeiden sollten Sie bildleere, abstrakte wie „Offenheit“ oder „Selbstständigkeit“. Solche Substantive finden Sie, indem Sie auf die Endungen achten: Ersetzen sollten Sie Hauptwörter, die enden auf „-ung“, „-heit“, „-keit“, „-ät“, „-ion“, „-ive“, „-ismus“, „-nis“, „-tum“, „-schaft“ und „-nahme“. Beispiel der Abhilfe: „Streit“ statt „Zerstrittenheit“.
5.3 Verben
Das Verb ist das Königswort der deutschen Sprache – wenn es als Tatwort benutzt wird. Ludwig Reiners („Stilkunst“, München 1943) forderte gar, es statt des Substantivs zum „Hauptwort“ zu krönen.
Beim Rede schreiben sind jedoch einige Verben zu vermeiden. So die meisten mit der Endung „-ieren“, wie die akademischen Imponiervokabeln „verbalisieren“, „instrumentalisieren“, „problematisieren“ und „sensibilisieren“.
Wenn Sie Fremdwörter verwenden, achten Sie darauf, was sie bedeuten. Wie bei allen sprachlichen Mitteln in einer Rede gilt: Überlegen Sie sich genau, was Sie da eigentlich sagen. „Aufoktroyieren“ zum Beispiel ist eine Tautologie („aufaufnötigen“), ebenso wie „vorprogrammieren“. Ein optimaler Text sollte auch keine Verben wie „erfolgen“, „bewirken“ oder „bewerkstelligen“ enthalten – das sind „Luftwörter“, wie Jean Paul schon 1804 kritisierte (in seiner „Vorschule der Ästhetik“).
Ebenso zu eliminieren sind, laut Lutz Mackensen („Gutes Deutsch in Schrift und Rede“, Reinbek 1968), „Spreizverben“ wie „vergegenwärtigen“ und „beinhalten“. Zu vermeiden sind außerdem, empfiehlt Reiners, „tote Verben“ wie „es gibt“ oder „sich befinden“. Blähverben wie „aufweisen“ müssen ebenfalls entfernt werden.
Benutzen Sie aktive Verben. Verzichten Sie auf den Passiv. Das Verb in der Infinitivform wird ebenfalls oft nicht optimal verwandt. Beispiel: „die Erlaubnis, den Saal betreten zu dürfen“ – „dürfen“ ist hier überflüssig.
5.4 Fremdwörter
Fremdwörter in einer Rede haben zwei Nachteile:
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Die meisten Fremdwörter sind schwieriger verständlich als ihre deutschen Entsprechungen. Beispiel: „bilateral“ – „zweiseitig“.
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Fremdwörter sind oft weniger anschaulich als ihre deutschen Entsprechungen. Beispiel: „Moment“ – „Augenblick“.
Wörter sind verständlich, wenn sie konkret gebraucht werden: „Zwei Hennen“ statt „zwei Stück Geflügel“. Abstrahieren Sie nur so weit als unbedingt nötig.
5.5 Synonyme
Wort-Wiederholungen vermeiden beim Redeschreiben – und lieber Synonyme verwenden? Eher nicht.
Hauptsachen wiederholen – aber ohne Synonyme
Machen Sie sich grundsätzlich klar: Kein Wort kann durch ein anderes gleichwertig ersetzt werden. Synonyme – also sinn- und sachverwandte Wörter – unterscheiden sich von dem Wort, das sie ersetzen sollen, in mindestens einem von vier Punkten:
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Intensität. Beispiel: „Wind“: Dafür gibt es kein Synonym, denn „Brise“, „Bö“, „Sturm“, „Orkan“ sind stärker oder schwächer als „Wind“
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Bedeutungsumfang. Beispiel: Eine „Visite“ macht nur der Chefarzt oder der Kirchenfürst; einen Staatsbesuch als „Visite“ zu bezeichnen, ist also Unsinn
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Stilebene. Beispiel: „Gesicht“: Dafür gibt es kein Synonym, denn „Antlitz“, „Visage“, „Fresse“ sind auf der jeweiligen Stilebene nicht austauschbar
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Bewertung. „Gesicht“ kann man nicht durch „Visage“ ersetzen, „Hund“ nicht durch „Köter“.
Hauptsachen sollten Sie darum beim Redenschreiben nicht „variieren“. Synonyme führen dazu, dass sich der Hörer unter der selben Sache etwas Anderes vorstellt. Denn Menschen haben die vernünftige Erwartung, „dass jemand, der etwas anderes sagt, auch etwas anderes meint“, so der Konstanzer Sprachwissenschaftler Christoph Schwarze („Sprachpflege – Sprachkritik – Spracherziehung“, Stuttgart 1980).
Wer einen verständlichen Text produzieren will, der sollte „Synonyme vermeiden bis zur Grenze des Erträglichen“, empfiehlt Walther von LaRoche, Autor mehrerer Standardwerke zur journalistischen Ausbildung. Beim Redenschreiben gilt sein Merksatz ganz besonders, denn die Wiederholung – mit Bedacht eingesetzt – ist hier ein wichtiges rhetorisches Stilmittel. Den „Wiederholungsfehler“ gibt es nur im Deutschunterricht. Stilkundler kennen ihn nicht.
5.6 Verneinungen
Eine verständliche Rede sollte möglichst schnell, sofort aufgenommen werden können. Dies wird unnötig erschwert durch Verneinungen. Entfernen Sie Verneinungen. Durchschnittlich braucht man 48 Prozent mehr Zeit, eine verneinende Aussage zu verstehen als eine bejahende.
Außerdem hat die Negation, etwa durch das Wort „nicht“, eine ungewollt negative Wirkung: Bewusst oder unbewusst mag es der Hörer nicht, „wenn er erfährt, was nicht ist; er möchte wissen, was ist.“ (William Strunk, The Elements of Style, 1919).
Entfernen Sie also die Negationen. Untersuchen Sie Ihre Rede nach dem Schreiben daraufhin. Achten Sie besonders auf Wörter beginnend mit „un-“. Oft können Sie negative Formulierungen durch positive ersetzen, zum Beispiel: „Die Gegner des Antrags unterlagen“ ? „Die Befürworter des Antrags siegten“.
Wenn dies schwierig ist, sollten Sie beim Redeschreiben versuchen, „negative“ Wörter in „positive“ Wörter mit negativer Aussagen umzuwandeln. Beispiel: „vergessen“ statt „sich nicht erinnern“. Besonders wichtig für eine optimale Rede: Keine doppelten Verneinungen, zum Beispiel „nicht unvermögend“.
Kurze Worte, kurze Sätze
Kürze würzt Ihre Rede. Machen Sie einen eigenen Durchgang, in dem Sie alles Überflüssige streichen.
So sollten Wörter beispielsweise nicht aufgebläht werden: „Weite Kreise der Bevölkerung“ soll wichtiger klingen als „viele Bürger“ – meint aber dasselbe. Zur Textoptimierung gehört es, Wörter auf ihre minimale Silbenzahl zu reduzieren. Also zum Beispiel „Zustand“ statt „Grundbefindlichkeit“.
Auf den Punkt bringen!
Indem Sie die Worte auf den Punkt bringen, werden automatisch Ihre Sätze kürzer – und somit besser verständlich. Wenn Sie beim Vorlesen bemerken, dass ein Satz immer noch zu lang ist, machen Sie zwei daraus. Oder zwei Halbsätze. Denken Sie daran, dass Ihre Sprechpausen dem Hörer hilfreiche Denkpausen erlauben.
5.7 Schachteln auspacken
Wenn Sie Ihre Rede schreiben, suchen Sie gezielt auch nach Schachtelsätzen. Beispiel:
„Bevor Herr Gerhard 1961 in unser Unternehmen kam, das damals bereits sehr erfolgreich war, absolvierte er seine Ausbildung bei …“
Auch wenn dies ein relativ leicht zu lesender Schachtelsatz ist – beim Hören macht er Probleme. Bei Reden ist besonders stark auf die Erkenntnis zu achten, dass ein Mensch nur einen Gedanken gleichzeitig denken kann. Entschachteln Sie, nehmen Sie den eingeschobenen Satz heraus:
„1961 war unser Unternehmen bereits sehr erfolgreich. Damals kam Herr Gerhard in unser Unternehmen, bevor er seine Ausbildung …“
5.8 Eins nach dem anderen
Auch entschachtelt bereitet der Satz dem Hörer ein Problem: Er muss einen überflüssigen Zeitsprung nachvollziehen. Sortieren Sie Ihre Sätze nach dem Motto: Eins nach dem anderen! Dieses Sortieren bietet auch eine gute Gelegenheit, das Gebot der Kürze umzusetzen. Also:
„Herr Gerhard absolvierte seine Ausbildung bei der Firma XY. Dann, 1961, kam er in unser Unternehmen. Es war damals schon sehr erfolgreich.“
Wenn Sie Ihre Sätze derart unter die Lupe nehmen und optimieren, werden Sie vielleicht wie in diesem Beispiel feststellen, dass die Aussage recht banal ist. Es kann jedoch nicht Ihr Ziel sein, die Banalität einer Aussage zu verbergen, indem Sie sie kompliziert formulieren.
Vielmehr sollten Sie daran arbeiten, die Aussage inhaltlich anzureichern. An welchen Stellen das nötig ist, stellen Sie leicht fest, indem Sie Ihre Wörter und Sätze entschlacken.
5.9 Entschlacken mit System
Ebenso wenig wie ein Zuhörer zwei Gedanken gleichzeitig denken kann, können Sie als Redenschreiber alle sprachlichen Ratschläge gleichzeitig im Sinn haben, wenn Sie Ihr Manuskript optimieren.
Deshalb empfiehlt es sich, die Empfehlungen Schritt für Schritt abzuarbeiten. Schreiben Sie sich den jeweiligen Ratschlag als Stichwort (zum Beispiel „Eins nach dem anderen“) auf einen Zettel. Legen Sie die Notiz neben das Manuskript und schauen Sie immer mal wieder auf das Stichwort. Unterlassen Sie andere Textarbeiten, lassen Sie sich nicht ablenken, kümmern Sie sich nur um den jeweiligen Punkt.
6 Die richtigen Bilder
„Der Mensch, das Augenwesen, braucht das Bild.“
Leonardo da Vinci
Bilder zeichnen – das ist ein wichtiges Werkzeug jeder Rede. Bilder jedoch müssen richtig gezeichnet sein. Man schmunzelt gerne über falsche Bilder, die meist in spontaner Rede entstehen. Falsche Bilder fallen uns derart stark auf, dass wir sie sogar sammeln, als „Stilblüten“, und noch lange nacherzählen. Ein Beispiel:
„Ich habe immer nur meinen Finger in Wunden gelegt, die sonst unter den Tisch gekehrt worden wären.“ (Paul Breitner)
Nicht nur, dass man Wunden nicht wegkehren kann. Bei den Worten „Finger in Wunden“ denkt der Zuhörer unwillkürlich an „offene Wunden“. Weil der gewohnte Ausdruck „Finger in die offene Wunde legen“ lautet. Offene, also blutige Wunden, die wie Abfall behandelt werden, und unter dem Tisch liegen, nahe der Füße: Breitners Bild ist sogar unappetitlich. Aber das macht es immerhin stark, weil es schockiert, abstößt und somit bewegt. Freilich in die falsche Richtung.
Wie schwach dagegen das Bild in unserem Beispiel ganz vom Anfang: „Vierzig Jahre umfasst der Zeitraum …“ Können Sie sich vorstellen, wie ein Raum etwas umfasst? Hände können etwas umfassen, aber keine Jahre. Und ein Raum kann gar nichts fassen. Auch dieses Bild ist falsch.
Der Fehler fällt zwar kaum auf, weil er in einer gewohnten Phrase versteckt ist. Doch das macht den Satz erstens langweilig, und zweitens hat der Redner die Chance vertan, ein besseres Bild zu zeichnen: ein wirkungsvolles, kraftvolles Bild, das uns erfasst und damit bewegen kann. Ein Bild, das Herrn Gerhard beispielsweise als Vorbild in den Köpfen der Mitarbeiter entstehen lässt. Das sie auch noch im Kopf haben, wenn sie nach der Rede wieder ihren Dienst tun.
6.1 Bilder beginnen vor der „blumenreichen“ Sprache
Finger in der Wunde ist ein Bild, aber auch der Zeitraum. Wenn man Bilder richtig zeichnen möchte, sollte man bedenken, dass es nicht nur die „blumigen“ Worte sind, die ein Bild im Kopf des Zuhörers entstehen lassen – sondern das gelingt mit nahezu jedem Wort.
Sprache ist ein Ab-bild-ungssystem. Dem Zuhörer wird das selten bewusst. Es sollte Ihnen aber bewusst sein, wenn Sie eine Rede formulieren.
Prüfen Sie also nicht nur, ob Wunden kehren, sondern auch, ob Räume umfassen können. Prüfen Sie systematisch Satz für Satz. Auch diese Arbeit lohnt sich. Denn je stimmiger Ihr Bild ist, desto leichter transportieren Sie es in den Kopf des Zuhörers, können Sie seine Gedanken bestimmen und führen. Je stimmiger das Bild, umso eher wird der Zuhörer unbewusst zustimmen und Ihnen folgen.
Natürlich mögen nicht alle Redner diese „blumige“ Sprache. Als Redenschreiber respektiere ich dies natürlich. Die Rede muss zum Redner passen (weshalb ich zum Beispiel auch mindestens um eine Stimmprobe bitte).
6.2 Zugangschancen erhöhen
Erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass die Zuhörer Ihnen folgen: Berücksichtigen Sie die verschiedenen Repräsentanzsysteme Ihres Publikums. Es teilt sich, sprachlich betrachtet, hauptsächlich auf in visuelle, auditive und kinästhetische „Typen“. Wenn Sie jemanden reden hören, können Sie schnell feststellen, welche Art von Typ Sie vor sich haben:
- Der visuelle Typ sagt Sätze wie „Lass mal sehen!“, „Das leuchtet mir voll ein“ oder „Das sieht so aus, als wenn …“
- Der auditive Typ spricht eher in Worten wie „Lass mal hören!“, „Das stimmt vollkommen“ und „Das hört sich so an, als wenn …“
- Der kinästhetische Typ sagt „Schieß mal los!“, „Das passt mir sehr gut“ oder „Da hat man das Gefühl, dass …“
Man kann hier nicht von „reinen Typen“ versprechen, vielmehr dominiert jeweils eine Charakteristik. Bei einer Rede haben Sie es nun mit mehreren Menschen zu tun, deren Repräsentanz-System Sie kaum erkunden können – in jedem Fall sind alle „Typen“ im Publikum vertreten. Deshalb sollten Sie in Ihrer Rede darauf achten, alle drei Typen zu bedienen.
Visuelle, auditive und kinästhetische Kanäle etwa zu gleichen Teilen nutzen
Das ist besonders wichtig, weil ja auch bei Ihnen als Redenschreiber ein System dominiert. Ist dies zum Beispiel das visuelle System, werden Sie Ihre Worte entsprechend wählen, zum Beispiel sagen: „Da sehe ich ganz schwarz.“ Damit verschaffen Sie sich Zugang zu den visuellen Typen im Publikum – die anderen beiden Typen vernachlässigen Sie aber.
Sie sollten also zunächst Ihr dominierendes Repräsentanzsystem herausfinden, indem Sie Ihre Worte daraufhin prüfen. Dann ändern Sie an einigen Stellen die Formulierungen, um sie den anderen beiden Systemen anzupassen. Als Hilfsmittel sehen Sie hier Beispiele aus einem „kleinen Wörterbuch der Repräsentanzsysteme“, für den Buchstaben A:
- visueller Typ: abbrechen, Ablauf, Absicht, abzielen, angesichts, anschaulich, Anschauung, ansehnlich, Aspekt, Auge, aufzeigen, Ausblick, ausmalen, aussehen, Aussicht.
- auditiver Typ: Abrede, abstimmen, anders, ankündigen, Antwort, artikulieren, aufhören, ausdrücken, ausgesprochen, ausplaudern, ausrufen, Aussage.
- kinästhetischer Typ: abschneiden, absinken, abwimmeln, aktiv, angreifen, anknüpfen, annehmen, anpacken, anstrengen, aufgreifen, aufnehmen, aufpeitschen, ausformen, ausführen, ausreichen, ausschließlich.
6.3 Sachverhalte, die man im Kopf anschauen kann
Manche Wörter produzieren ein starkes Bild, andere ein schwaches. Entscheiden Sie sich beim Redenschreiben für die starken Bilder. Wählen Sie Worte, die man regelrecht im Kopf anschauen kann – die „anschaulichen“ Worte, im Gegensatz zu den abstrakten. Wie Sie abstrakte Wörter in Ihrem Manuskript aufspüren, ist im vorigen Abschnitt unter „Substantive“ beschrieben.
Aber suchen Sie jetzt auch nach abstrakten Sachverhalten. Also nach solchen, die sich kein Mensch vorstellen kann. Die Vorstellungskraft ist zum Beispiel schnell überfordert, wenn große Zahlen ins Spiel kommen. Wer kann sich schon eine Million vorstellen? Veranschaulichen Sie den Sachverhalt, rechnen Sie um. Gängige Strategien sind zum Beispiel:
- „so groß wie …“: aus Flächenzahlen werden Fußballfelder
- „dreimal um die Erde“: hohe Kilometerzahlen werden mit dem Erdumfang verglichen
- „Von hier bis zum Mond“: Bei „astronomisch hohen“ Zahlen bringen Sie tatsächlich die Astronomie ins Spiel
- „Einen Pfennig für jeden …“: Wenn ein Ereignis sehr oft passiert ist, abstrakt oft – wie viel Geld hätten Sie, wenn sie jedes Mal einen Pfennig bekommen hätten?
Solche Rechnungen sind leicht auszuführen und sorgen für einen schönen Effekt. Besonders dann, wenn Sie nicht die Standardstrategien verwenden, sondern anhand des Themas ungewöhnliche Maßstäbe finden oder die gängigen Techniken passend variieren.
Kreative Aufgabe: Veranschaulichen Sie Abstraktes
Auch diese kreative Aufgabe ist nicht schwer zu lösen, wenn man entsprechende Informationen einholt. Denken wir beispielsweise noch einmal an unseren Herrn Gerhard, der 40 Jahre lang in einer Schraubenfirma gearbeitet hat:
- Wie viele Tage sind das, schätzungsweise?
- Wie viele Schrauben hat er täglich hergestellt?
- Und wie lang ist die Schraube in etwa? Was wiegt sie ungefähr?
Hat man die Zahlen – Näherungs- oder Schätzwerte reichen -, dann hat man genug Farbe, um verschiedene anschauliche Bilder zu malen. So könnte man beim Redenschreiben die Schrauben hintereinander legen (x‑mal um die Erde …), aufstapeln (sogar bis zum Mond?) – oder das abgenutzte Bild von „mit Gold aufwiegen“ aus der Gruft holen: Wie viel wären die Schrauben wohl wert, wenn Herr Gerhards Arbeit buchstäblich mit Gold aufgewogen würde?
6.4 Nutzen Sie den Gefühlswert
Am stärksten wirken Worte, die Gefühlsbilder produzieren. „Gold“ ist ein solches Wort, das starke Gefühle weckt. Bei dem einen Freude, bei dem anderen Neid, bei dem dritten Gier. Und bei allen wahrscheinlich ein Stück davon. Weil jeder unter jedem Wort etwas anderes versteht, andere Assoziationen hat, können Sie Gefühlsworte beim Redenschreiben nicht perfekt kontrollieren. Sie sollten sie aber grundsätzlich den Wörtern vorziehen, die gar keine oder kaum Gefühle produzieren.
7 Wirksame Kreativkunst: Metaphern und Analogien
Gefühlsworte sind jedoch nur schwer zu finden, wenn der Redegegenstand wenig Gefühl auslösend ist. Wer seinen Geschäftsbericht vorträgt, das neueste Schraubenmodell vorstellt oder über anonyme, abstrakte Menschenmassen spricht – zum Beispiel über „die Gesellschaft“, „den Staat“ oder „die Parteien“ -, da sinkt der Gefühlswert schnell auf Null. In solchen Fällen bringen Sie Metaphern und Analogien ins Spiel.
7.1 Metaphern
Eine Metapher ist ein gewohntes Bild, dem die Zuhörer leicht folgen, aus Gewohnheit. Dieses Bild – das Gefühle auslöst – kann klein sein, aus einem Wort bestehen (z. B. Bürohengst, Schreckschraube, Paragraphenreiter).
Große Metaphern sind beim Redenschreiben besonders effektiv. Sie bestehen aus mehreren Teilen, die allgemein bekannt sind. Eine beliebte Metapher ist beispielsweise die von der Familie. Sie soll Gefühle auslösen wie Nähe, Vertrauen, Zuneigung, Sicherheit. Das Bild kann man leicht einleiten:
„Herr Gerhard ist der Vater unseres Erfolgs.“
Die Einzelteile der Familien-Metapher sind allgemein bekannt: Eine Familie hat einen Vater, eine Mutter, Kinder und ein Haus, in dem alle leben; außerdem Verwandte und Nachbarn. Wollen Sie die Metapher wirksam einsetzen, übertragen Sie in Ihrer Rede einige dieser Rollen auf reale Handelnde.
Metaphern sind tief im kollektiven Gedächtnis verankert
Wenn Ihnen das einigermaßen plausibel gelingt, profitieren Sie enorm: Das Bild ist so tief und fest im kollektiven Gedächtnis verankert, dass die Zuhörer Ihnen unwillkürlich folgen. Die gewünschten Gefühle entstehen beim Zuhörer. Ein Beispiel, von einem meisterhaften Redner – Winston Churchill, bei einem Besuch in den USA:
„Ich bin (…) hierher gekommen, um über einige Familienangelegenheiten zu sprechen und mögliche Missverständnisse auszuräumen. Die englischsprachige Familie – oder Bruderschaft – ist ziemlich groß und nicht immer und überall ganz ohne Probleme. Wenn wir zusammenarbeiten können, können wir allein klarkommen und viel dafür tun, unseren Nachbarn in der Welt zu helfen, von denen einige – auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs – wohl noch größere Probleme haben als wir selbst.“
Ein schönes Beispiel für gute englische Reden. Die Metapher ist hervorragend angewandt:
Zum Bild der Familie gehört, dass es in einer großen Familie niemals „ganz ohne Probleme“ zugeht. Dass hier zwei Staaten offenbar im Clinch liegen, wird ehrlich ausgesprochen – aber meisterhaft bagatellisiert: Streit ist eben normal, in einer großen Familie … was aber nicht so schlimm ist, denn letztlich, das ist bekannt, hält eine Familie ja zusammen! Und der Metaphern-Teil „Nachbarschaftshilfe“ besorgt Akzeptanz für ein Ansinnen, das konkret ausgesprochen weniger eingängig wäre: den Feind unterstützen.
Faszinierend, was eine Metapher in der Rede bewegen kann! Da fliegt Churchill in die USA und sagt, dass er den Feinden der USA helfen will. Und fordert sogar, dass die USA ihre eigenen Feinde unterstützen sollen. Ohne die Familien-Metapher hätte die Rede wie ein eklatanter Affront geklungen – mittels der Metapher aber kommt sie harmonisch an.
Sie können die Familien-Metapher vielfältig für Ihre Redezwecke nutzen, besonders effektiv zum Beispiel bei einer Antrittsrede. Die Metapher passt beim Redenschreiben auf Ihren Betrieb, Ihren Verband oder Verein.
Besonders beliebt ist auch die Weges-Metapher, die sich z. B. eignet, um trockene Zahlenwerke – etwa Geschäftsberichte – zu illustrieren, mit Gefühlen zu unterlegen. So können auch Fehlschläge verharmlost werden:
Wirkungsvolle Weges-Metapher
Angesichts schlechter Zahlen kann man beim Redenschreiben von „Holzwegen“ sprechen. Die gibt es nun einmal, das weiß jeder – dank der Metapher. Der Zuhörer weiß auch: Man darf nicht immer „auf den ausgetretenen Pfaden“ wandeln, man muss etwas wagen, auch einmal Umwege und Irrwege in Kauf nehmen. Die man jetzt natürlich wieder verlassen hat – Auswege sind gesucht und gefunden, zum Beispiel das jüngste Schraubenmodell. Damit geht man wieder auf dem „richtigen Weg“: dem „Erfolgsweg“.
Metaphern eignen sich auch vorzüglich, um Befürchtungen zu vermitteln. „Unsere Firma fährt einen unruhigen Kurs“: Schon kurze Andeutungen in Ihrer Rede genügen, um beispielsweise die uralte Schiffs-Metapher in See stechen zu lassen. Das Boot in wilden, unbekannten Gewässern, in stürmischer See … vielleicht sogar manövrierunfähig. Rollen, die Sie beim Redenschreiben besetzen und beschreiben können: Der Kapitän, die Mannschaft, der Steuermann.
7.2 Analogien
Analogien sind Vergleiche, und in Metaphern stecken und wirken sie: Der Vorstandschef z. B. steuert das Unternehmen wie ein Kapitän, der den Kurs bestimmt. Auch mit der Analogie können Sie bekannte Bilder nutzen. Geht es beispielsweise um unseren fleißigen Herrn Gerhard – welche Analogie fällt Ihnen zum Thema Fleiß ein? Vielleicht die Biene:
„Herr Gerhard, Sie waren stets fleißig wie eine Biene.“
Das kommt freilich ein wenig unvermittelt. Deshalb ist es gut, wenn Sie die Analogie jetzt weiter treiben können. Vielleicht war Herr Gerhard ja auch ein guter Teamarbeiter:
„Und wie es sich für eine ordentliche Biene gehört, haben Sie auch den anderen Bienen gezeigt, wo der Nektar zu holen ist.“
So werden auch die anderen Mitarbeiter als fleißig gelobt. Denken Sie beim Redenschreiben aber daran, was Ihre Zuhörer denken könnten, wenn Sie dieses Bild produzieren. Vielleicht denkt das Publikum an den Schwänzeltanz der Bienen. Aber … ein schwänzeltanzender Herr Gerhard ..? Passt das? Sie haben jetzt drei Möglichkeiten:
- Sie entscheiden, das ist Bild unangemessen, unangenehm oder schlicht zu schief – und suchen ein neues.
- Sie nehmen die wahrscheinliche Fantasie des Publikums in Kauf. Ihre Einschätzung lautet: Das Bild ist ein wenig schief, aber immerhin lustig und tut niemandem weh.
- Sie spielen mit dem Bild, greifen offensiv die möglichen Fantasien auf: „… wobei Sie allerdings bei uns im Unternehmen noch keinen Schwänzeltanz aufgeführt haben.“ Jetzt noch ein bisschen Selbstironie, das entlastet Herrn Gerhard: „Aber so viel verlange selbst ich nicht von meinen Mitarbeitern!“
Analogien bieten Ihnen beim Redenschreiben noch mehr kreative Möglichkeiten. Im Gegensatz zur Metapher muss die Analogie nämlich nicht allgemein bekannt sein – Sie können selbst eine neue, frische Analogie erfinden. So etwas ist oft hinreißend originell.
Frische Analogien sind die besten
Wenn Ihnen beim Redenschreiben ein stimmiger Vergleich gelingt, haben Sie ein wunderbares Stilmittel in Ihrer Rede: Die Zuhörer sind amüsiert, überrascht und zum Mitdenken angeregt. Das Publikum folgt Ihnen dann mit Vergnügen. Einige Beispiele, gesammelt von Peter H. Ditko, dem Leiter der Deutschen Rednerschulen:
„Wenn Kinkel eine Aktie wäre, würde ich sie heute verkaufen.“ (Joschka Fischer)
„Wenn Bush den Fall der Berliner Mauer als seine Leistung beansprucht, ist das so, als wenn sich der Hahn den Sonnenaufgang anrechnet.“ (Al Gore)
„Mit den Republikanern als Malzkaffeepartei – braun, billig und von vorgestern – kommt eine Zusammenarbeit nicht in Frage.“ (Heiner Geißler)
Wenn Sie gute Vergleiche finden wollen, sammeln Sie beim Redenschreiben alles, was Ihnen zu dem Begriff einfällt, für den Sie eine Analogie suchen. Vielleicht hat Al Gore bei „George Bush“ an einen stolzen Gockel gedacht – und kam so zum Hahn. Folgende Hilfsmittel erleichtern Ihnen, Assoziationen zu finden:
- Kreativitätstechniken, vor allem das Brainstorming: Schreiben Sie beim Redenschreiben spontan auf, was Ihnen zu dem Begriff einfällt.
- Internet, Lexika und Wörterbücher: Tippen Sie den Begriff in eine Suchmaschine oder suchen Sie nach sinn- und sachverwandten Begriffen.
- Ihre Umgebung: Nutzen Sie beim Redenschreiben den Zufall und überlegen Sie, welche Gegenstände an Ihrem Arbeitsplatz mit dem Begriff verbunden werden können.
- Abstrahieren: Suchen Sie nach einem Oberbegriff für Ihren Begriff (zum Beispiel „George Bush“ ? „männliches Wesen“). Schauen Sie dann, welche anderen Unterbegriffe dazu passen. Der Gockel gehört dazu.
Auch diese Mühe lohnt beim Redenschreiben. Denn auch Analogien sprechen den Gefühlskanal an – und über den Gefühlskanal erreichen Sie Ihre Zuhörer beim Redenschreiben am ehesten. Und bewegen sie über die Rede hinaus.
Denken Sie an eine Ohrfeige: Lange danach, wenn die Backe längst nicht mehr schmerzt, hallt das Gefühl der Demütigung noch nach. Auch wenn nur wenige Reden ihre Zuhörer ohrfeigen sollen – nachhallen sollte jede Rede.
Gefühl auslösende Bilder, Wörter und Wendungen sind deshalb Ihre Joker, wenn Sie beim Redenschreiben die Karten für eine Rede mischen.
Frank Rosenbauer
Leserstimme:
„Auch, wenn wir uns nicht persönlich kennen und nie miteinander gearbeitet haben, möchte ich Ihnen ein Kompliment machen.
Ich bin im Internet auf Ihren Aufsatz gestoßen, wie man eine gute Rede schreibt und war begeistert.
Sie haben das toll auf den Punkt gebracht.
Vieles von dem, was ein guter Redner wissen und können muss, gilt auch für einen Rundfunk- und Fernseh-Moderator oder Reporter.
Und wunderbar anschaulich wie unterhaltend geschrieben.“
Checkliste Redenschreiben
Zusammenfassung
Wie schreibe ich eine Rede?
- Fragen Sie sich: „Welche Ziele möchte ich mit meiner Rede erreichen?“ Was sollen Ihre Zuhörer nach der Rede tun, fühlen, wissen und wollen?
- Aus Ihren Zielen entwickeln Sie Ihre Kernbotschaft
- Sammeln Sie Kernaussagen, die Ihre Botschaft stützen und gliedern
- Überlegen Sie sich für den Aufbau Ihrer Rede einen Roten Faden (zum Beispiel Metapher, Visualisierung oder Zitat)
- Skizzieren Sie Ihre Rede in Stichworten und unfertigen Sätzen
- Formulieren Sie Ihre Rede erstmals aus – wobei Sie beim Schreiben bewusst innerlich mitsprechen
- Bauen Sie gezielt rhetorische Stilmittel ein
- Optimieren Sie Ihr Redemanuskript für den mündlichen Vortrag: Ändern Sie schriftsprachliche Formulierungen in verbale Sprache
- Prüfen Sie, ob Ihre Rede Ihren anfangs definierten Zielen entspricht sowie der Checkliste Rede schreiben
Mein Buch mit Prof. Dr. Mentzel
(Blick ins Buch)
Literatur zum Redenschreiben
- Crisand, Ekkehard und Marcel (1997): Psychologie der Gesprächsführung. Sauer, Heidelberg
- Ditko, Peter H. und Norbert Q. Engelen (1999): In Bildern reden. Econ & List, Düsseldorf
- Huth, Siegfried A. [Hrsg.] (2000): Reden gut und richtig halten! Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich
- Rosenbauer, Frank (2007): Grüße und Glückwünsche: Wie sage ich’s richtig? Haufe Verlag, Freiburg
- Mentzel, Wolfgang und Rosenbauer, Frank (2012): Reden und Ansprachen Haufe Verlag, Freiburg
- Schneider, Wolf (2007): Deutsch! Das Handbuch für attraktive Texte. Rowohlt, Reinbek
- Trotha, Thilo von (1998): Reden professionell vorbereiten. Fit for Business, Regensburg/Düsseldorf
- Ueding, Gert (1996): Rhetorik des Schreibens. Beltz Athenäum, Weinheim
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