Als freier Redner erfolgreich arbeiten
Hochzeitsreden und Trauerreden professionell gestalten – und damit Geld verdienen
von Frank Rosenbauer | aktualisiert am 13.10.2025
Sie spielen mit dem Gedanken, als freier Redner zu arbeiten? Oder Sie haben bereits erste Aufträge angenommen und fragen sich, wie Sie Ihre Reden noch besser machen können?
Mit diesem Artikel begleite ich Sie durch die wesentlichen Aspekte dieser Tätigkeit. Sie bekommen praktische Hilfestellungen aus meiner Praxiserfahrung durch über 5.700 Reden und der Zusammenarbeit mit zahlreichen freien Rednern.
Von Frank Rosenbauer, Redenschreiber und Textcoach für freie Redner seit über 25 Jahren
Inhaltsverzeichnis
Von der Vorbereitung über die Gesprächsführung bis zum Vortrag: Sie erhalten hier alle Informationen, die Sie aus meiner beruflichen Perspektive für bewegende und professionelle Hochzeits- und Trauerreden brauchen.

1. Warum freier Redner werden?
Wenn Sie darüber nachdenken, als freier Redner zu arbeiten, haben Sie vermutlich schon eine Ahnung davon, was Sie erwartet: intensive Begegnungen, emotionale Momente, die Verantwortung für einen der wichtigsten Tage im Leben anderer Menschen.
Die Erfüllung:
- Sie gestalten bedeutsame Momente
- Sie berühren Menschen mit Ihren Worten
- Jede Rede ist einzigartig
- Sie arbeiten selbstständig und flexibel
- Die Dankbarkeit der Auftraggeber ist oft überwältigend
Die Realität:
- Sie arbeiten an Wochenenden und Feiertagen
- Emotionale Belastung, besonders bei Trauerfeiern
- Keine Routine – jede Rede verlangt volle Aufmerksamkeit
- Akquise und Marketing gehören dazu
- Sie tragen große Verantwortung
Aus meiner Erfahrung als Textcoach kann ich sagen: Wer diese Arbeit ernst nimmt und mit Hingabe macht, findet darin eine der sinnvollsten Tätigkeiten überhaupt. Aber es ist kein Nebenjob, den man mal eben macht.
2. Die größten Herausforderungen in diesem Beruf
Die emotionale Belastung
Besonders bei Trauerfeiern werden Sie mit Schmerz, Verzweiflung und Verlust konfrontiert. Sie hören Geschichten von Krankheit, Unfällen, plötzlichem Tod. Das geht nicht spurlos an Ihnen vorbei.
Mein Rat aus jahrelanger Erfahrung:
- Schaffen Sie sich Rituale zur Abgrenzung (ein Spaziergang nach jeder Trauerfeier hilft vielen Kollegen)
- Reden Sie mit anderen Rednern über belastende Fälle
- Nehmen Sie sich nicht zu viele Trauerfeiern hintereinander vor
- Holen Sie sich professionelle Supervision, wenn Sie merken, dass es zu viel wird
Die handwerkliche Herausforderung
Eine gute Rede zu schreiben, ist Handwerk. Das lernt man nicht in drei Tagen. Viele Einsteiger unterschätzen, wie schwer es ist, aus Informationen eine bewegende Geschichte zu formen.
In meiner Arbeit als Redenschreiber sehe ich oft Texte von Kollegen, die voller Floskeln sind oder am Thema vorbeireden. Eine gute Rede braucht:
- Präzise Recherche
- Klare Struktur
- Authentische Sprache
- Den richtigen Ton
- Dramaturgisches Gespür
Die Erwartungshaltung
Ihre Auftraggeber erwarten von Ihnen das Beste. Bei einer Hochzeit wollen sie den schönsten Tag ihres Lebens. Bei einer Trauerfeier wollen sie würdigen Abschied. Sie dürfen nicht enttäuschen.
3. Das Erstgespräch: Die Basis jeder guten Rede
Das Erstgespräch entscheidet über alles. Zunächst gilt es, eine Beziehung zum Interessenten herzustellen. Überlegen Sie sich, wie Sie dies auf einer emotionalen Ebene bewerkstelligen können. Hierfür gibt es viele Möglichkeiten. Beispiel: Wenn Ihre Interessenten etwa freie Sprecher aus Nürnberg suchen, Sie selbst aber aus Flensburg stammen, dann denken Sie vor dem Erstgespräch darüber nach, was Sie selbst persönlich mit der Stadt Nürnberg verbindet. Eventuell waren Sie ja schon als Tourist vor Ort, kennen jemanden dort oder haben sogar Verwandtschaft in der Stadt des Interessenten? Weisen Sie darauf im Erstgespräch hin. Auch so baut sich Vertrauen auf oder eben nicht. Auch entscheidet sich im Erstgespräch, ob Sie überhaupt Material für Ihre Rede bekommen.
Vorbereitung auf das Gespräch
Vor dem Termin:
- Legen Sie sich einen Fragebogen zurecht (aber lesen Sie nicht starr ab)
- Nehmen Sie mehr Zeit, als Sie denken – rechnen Sie mit 90–120 Minuten
- Schaffen Sie eine entspannte Atmosphäre (bei Ihnen oder beim Auftraggeber)
- Haben Sie Notizblock oder Laptop dabei
Ihre Haltung:
- Sie sind nicht der Star, sondern der Dienstleister
- Hören Sie mehr zu, als Sie reden
- Zeigen Sie echtes Interesse, kein gespieltes
- Seien Sie empathisch, aber nicht aufdringlich
Die richtigen Fragen stellen
Bei Hochzeiten:
Fangen Sie offen an:
- „Erzählen Sie mir, wie Sie sich kennengelernt haben.“
- „Was war Ihr erster Gedanke übereinander?“
- „Wann wussten Sie, dass es ernst ist?“
Dann gehen Sie tiefer:
- „Was schätzen Sie am meisten aneinander?“
- „Gab es einen Moment, in dem Sie dachten: Mit diesem Menschen will ich alt werden?“
- „Was ist Ihre größte gemeinsame Stärke als Paar?“
- „Welche Geschichte über euch beide erzählt Ihr Freundeskreis am liebsten?“
Bei Trauerfeiern:
Beginnen Sie behutsam:
- „Erzählen Sie mir von [Name]. Woran denken Sie als Erstes?“
- „Was für ein Mensch war er/sie?“
Dann fragen Sie konkreter:
- „Wie würden Freunde ihn/sie beschreiben?“
- „Was war ihm/ihr im Leben wichtig?“
- „Gibt es eine Anekdote, die typisch für ihn/sie ist?“
- „Was werden Sie am meisten vermissen?“
Kritische Frage – aber wichtig:
- „Niemand ist perfekt. Was waren auch schwierige Seiten?“
Ehrlichkeit macht eine Rede glaubwürdig. Ein Mensch, der nur aus positiven Eigenschaften bestand, hat nie gelebt.
Worauf Sie achten sollten
Körpersprache der Auftraggeber:
- Werden sie entspannt oder verkrampfen sie bei bestimmten Themen?
- Gibt es Themen, die sie aussparen?
- Wo leuchten die Augen auf?
Zwischen den Zeilen hören:
- Was wird nicht gesagt?
- Gibt es Familienspannungen, die Sie kennen sollten?
- Welche Geschichten sind zu intim für die Öffentlichkeit?
Als Textcoach rate ich meinen Kollegen immer: Fragen Sie am Ende des Gesprächs explizit: „Gibt es etwas, das auf keinen Fall in der Rede vorkommen sollte?“
4. Recherche und Vorbereitung: Wie Sie Material sammeln
Nach dem Erstgespräch beginnt die eigentliche Arbeit. Sie haben jetzt Informationen, aber noch keine Rede.
Notizen strukturieren
Schreiben Sie sofort nach dem Gespräch alles auf. Nicht erst am nächsten Tag. Die besten Details vergessen Sie sonst.
Kategorien, die sich bewährt haben:
Für Hochzeiten:
- Kennenlerngeschichte
- Entwicklung der Beziehung
- Besondere Momente
- Eigenschaften beider Partner
- Was sie verbindet
- Lustige Anekdoten
- Pläne und Träume
Für Trauerfeiern:
- Lebensstationen (chronologisch)
- Beruf und Leidenschaften
- Familie und Beziehungen
- Charaktereigenschaften
- Prägende Geschichten
- Was bleibt (Vermächtnis)
Zusätzliche Recherche
Manchmal brauchen Sie mehr Material. Scheuen Sie sich nicht, nachzufragen.
Bei Hochzeiten:
- Sprechen Sie mit Trauzeugen
- Fragen Sie Freunde nach Geschichten
- Lassen Sie sich Fotos zeigen (die erzählen oft mehr als Worte)
Bei Trauerfeiern:
- Führen Sie Gespräche mit mehreren Angehörigen (verschiedene Perspektiven)
- Fragen Sie nach Fotos aus verschiedenen Lebensphasen
- Recherchieren Sie historische Kontexte (z.B. Nachkriegszeit, DDR)
In meiner Arbeit als Redenschreiber habe ich gelernt: Die besten Details kommen oft im zweiten oder dritten Gespräch. Menschen brauchen Zeit, um Vertrauen zu fassen.
5. Struktur einer Hochzeitsrede
Eine Hochzeitsrede braucht klare Struktur. Aber sie darf nicht steif wirken. Die Kunst liegt darin, die Struktur unsichtbar zu machen.
Eröffnung (2–3 Minuten)
Was Sie hier erreichen müssen:
- Sympathie aufbauen
- Die Gäste abholen
- Den Ton setzen (heiter, feierlich, intim?)
Wie das geht:
Beginnen Sie persönlich. Stellen Sie sich vor, aber nicht mit Ihrem Lebenslauf, sondern mit Ihrer Verbindung zum Paar.
„Als Sarah mich vor drei Monaten anrief, hörte ich ihre Stimme zittern. Vor Aufregung, vor Vorfreude, vor lauter Glück. ‚Wir heiraten‘, sagte sie, ‚und ich möchte, dass Sie unsere Trauung gestalten.‘ Genau diese Aufregung, dieses Glück – das spüre ich auch jetzt, wenn ich in eure strahlenden Gesichter schaue.“
Hauptteil: Die Liebesgeschichte (10–15 Minuten)
Aufbau:
1. Wie alles begann (3–4 Min.)
- Die erste Begegnung
- Erste Eindrücke
- Der Moment des Funkensprungs
2. Der Weg zueinander (4–5 Min.)
- Entwicklung der Beziehung
- Herausforderungen gemeistert
- Besondere gemeinsame Erlebnisse
3. Was sie verbindet (3–4 Min.)
- Gemeinsame Werte
- Was sie aneinander schätzen
- Ihre Stärken als Paar
Beispiel für einen Mittelteil:
„Michael erzählte mir von dem Abend, als er wusste: Das ist sie. Sie saßen auf seinem Balkon, es war spät, Sarah hatte schon dreimal gesagt, sie müsse jetzt wirklich gehen. Aber sie ging nicht. Sie redeten über Gott und die Welt, über Kindheitsträume und die Angst vorm Älterwerden. Und irgendwann, mitten im Satz, schaute Sarah ihn an und sagte: ‚Du verstehst mich.‘ Vier Worte. Aber Michael wusste: Ja, das tue ich. Und das ist alles, was zählt.“
Persönliche Würdigung (3–5 Minuten)
Sagen Sie etwas über jeden Partner. Was macht sie aus? Was bringen sie in die Beziehung ein?
Die Technik:
- Ein konkretes Beispiel pro Person
- Eine Eigenschaft mit einer Geschichte belegen
- Zeigen, wie sie sich ergänzen
Ringtausch und Gelöbnis (3–5 Minuten)
Das ist der rituelle Kern der Zeremonie. Hier wird es offiziell, hier entsteht der magische Moment.
Ihre Aufgabe:
- Die Bedeutung der Ringe erklären (aber keine Floskeln!)
- Den Ringtausch begleiten
- Das Ja-Wort erfragen
Beispiel für die Ringübergabe:
„Diese Ringe sind aus Gold. Gold ist weich, formbar, und doch dauerhaft. Wie eure Liebe – anpassungsfähig und gleichzeitig beständig. Ihr werdet diese Ringe jeden Tag tragen. An guten Tagen und an schwierigen. Sie werden euch daran erinnern: Wir gehören zusammen.“
Wünsche und Abschluss (2–3 Minuten)
Formulieren Sie konkrete, zum Paar passende Wünsche. Keine Allgemeinplätze.
„Ich wünsche euch, dass ihr nie aufhört, auf dem Balkon zu sitzen und zu reden, bis es zu spät ist. Dass ihr euch immer wieder neu entdeckt. Und dass ihr in dreißig Jahren zurückschaut auf diesen Tag und sagt: Ja, genau so sollte es sein.“
Gesamtlänge: 20–30 Minuten (länger wird anstrengend)
6. Struktur einer Trauerrede
Eine Trauerrede ist das Schwierigste, was Sie als freier Redner machen werden. Sie müssen Schmerz zulassen und gleichzeitig Trost spenden. Sie müssen ehrlich sein, ohne zu verletzen.
Aus meiner jahrelangen Erfahrung mit Trauerreden weiß ich: Die Balance ist alles.
Eröffnung (1–2 Minuten)
Was Sie hier leisten müssen:
- Den Anlass benennen
- Die Trauergemeinde abholen
- Würde herstellen
Wie das geht:
Beginnen Sie ruhig und klar. Keine ausschweifenden Begrüßungen.
„Wir sind heute hier, um Abschied zu nehmen von Helene Meyer. Von einer Mutter, Großmutter, Freundin. Von einem Menschen, der 82 Jahre gelebt, geliebt und Spuren hinterlassen hat. Mein Name ist Frank Rosenbauer, und ich hatte in den letzten Wochen das Privileg, ihre Tochter Claudia kennenzulernen und von Helene zu hören.“
Würdigung des Lebens (10–15 Minuten)
Das ist das Herzstück Ihrer Rede. Hier machen Sie den Verstorbenen für alle greifbar.
Mögliche Strukturen:
Chronologisch:
- Kindheit und Jugend
- Berufsleben
- Familie gründen
- Alter und letzte Jahre
Thematisch:
- Charaktereigenschaften mit Beispielen
- Verschiedene Rollen (Mutter, Kollegin, Freundin)
- Was ihm/ihr wichtig war
- Was er/sie anderen bedeutete
Ich empfehle meist die thematische Struktur. Sie ist lebendiger und vermeidet den Lebenslauf-Charakter.
„Helene war eine stille Frau. Keine, die viel redete oder sich in den Vordergrund drängte. Aber wer sie kannte, wusste: Auf Helene war Verlass. Ihre Tochter Claudia erzählte mir von den Sonntagen ihrer Kindheit. Helene stand jeden Sonntag um sechs Uhr auf, um Streuselkuchen zu backen. Mit viel zu viel Butter, wie Thomas, ihr Enkel, sich erinnert. ‚Das war ihre Art zu sagen: Ich habe euch lieb‘, sagte Claudia. Nicht mit Worten. Mit Streuselkuchen.“
Persönliche Erinnerungen (4–6 Minuten)
Hier bringen Sie konkrete Geschichten. Sie machen den Verstorbenen lebendig – einen letzten Moment lang.
Technik:
- Maximal drei Geschichten (mehr überfordert die Zuhörer)
- Jede Geschichte sollte eine Eigenschaft zeigen
- Details machen Geschichten echt (der Streuselkuchen, die zu viel Butter)
„Ihr Nachbar Herr Müller erzählte mir eine kleine Geschichte. Er war neu im Haus gezogen, kannte niemanden. An seinem ersten Abend klingelte es. Helene stand vor der Tür, eine Schüssel in der Hand. ‚Ich dachte, Sie haben vielleicht noch nichts zu essen.‘ Es war Gulasch. Selbstgekocht. So war Helene. Sie sah, wo jemand etwas brauchte, und sie half. Ohne Aufhebens. Ohne zu erwarten, dass jemand danke sagt.“
Trost und Ausblick (3–5 Minuten)
Das ist der heikelste Teil. Sie müssen Trost spenden, ohne den Schmerz zu relativieren.
Was nicht funktioniert:
- „Sie ist jetzt an einem besseren Ort“ (nur wenn die Familie religiös ist)
- „Die Zeit heilt alle Wunden“ (tut sie nicht)
- „Sie hätte nicht gewollt, dass ihr traurig seid“ (doch, darf man sein)
Was funktioniert:
- Die Erinnerung würdigen
- Das Vermächtnis benennen
- Den Schmerz als Ausdruck der Liebe anerkennen
„Der Schmerz, den Sie jetzt spüren, ist die andere Seite der Liebe. Helene hat Spuren hinterlassen. In Ihren Herzen, in Ihren Erinnerungen, in den Werten, die sie Ihnen mitgegeben hat. Diese Spuren bleiben. Und in den Momenten, in denen Sie selbst bescheiden sind, fürsorglich, verlässlich – da ist Helene bei Ihnen.“
Gesamtlänge: 18–25 Minuten
7. Die richtige Sprache finden
Die Sprache macht den Unterschied zwischen einer berührenden und einer beliebigen Rede. Das ist meine wichtigste Erkenntnis aus 25 Jahren als Redenschreiber.
Authentizität vor Kunstfertigkeit
Schreiben Sie so, wie Menschen wirklich reden. Nicht wie in einem Roman. Nicht wie in einem Lehrbuch.
Schlecht:
„In dieser Stunde des Abschieds gedenken wir der Verstorbenen in tiefer Trauer und stiller Andacht.“
Besser:
„Heute nehmen wir Abschied von einem Menschen, der uns fehlen wird.“
Konkret statt abstrakt
Das ist die wichtigste Regel überhaupt.
Schlecht:
„Der Verstorbene war ein guter Mensch.“
Gut:
„Wenn Robert morgens ins Büro kam, wusste er, wie es jedem Kollegen ging. Nicht weil er fragte, sondern weil er hinschaute.“
Schlecht:
„Das Brautpaar liebt sich sehr.“
Gut:
„Wenn Michael von Sarah spricht, vergisst er, was er sagen wollte, und redet einfach weiter.“
Bilder statt Begriffe
Ihre Sprache sollte Bilder im Kopf der Zuhörer erzeugen.
Beispiele:
Statt „Sie war eine herzliche Person“ schreiben Sie:
„Wenn Helene einen Raum betrat, wurde es wärmer. Nicht lauter, nicht hektischer – einfach nur wärmer.“
Statt „Er war ein fürsorglicher Vater“ schreiben Sie:
„Jeden Abend saß er am Bett seiner Tochter und las vor. Auch wenn er todmüde von der Arbeit kam. Auch wenn Anna schon schlief. Er las trotzdem.“
Floskeln streichen
In meiner Arbeit als Textcoach sehe ich immer wieder dieselben Floskeln. Streichen Sie sie.
Diese Sätze sind verboten:
- „Die Liebe ist das größte Geschenk“
- „Er/sie wird immer in unseren Herzen weiterleben“
- „In diesen schweren Stunden“
- „Die Zeit heilt alle Wunden“
- „Sie ist jetzt an einem besseren Ort“
Finden Sie eigene Worte für das, was Sie meinen.
Rhythmus und Klang
Lesen Sie Ihre Rede laut. Immer wieder. Bis jeder Satz rund klingt.
Techniken:
- Variieren Sie die Satzlänge (kurz, lang, kurz)
- Bauen Sie bewusst Pausen ein
- Wiederholen Sie wichtige Worte oder Strukturen
- Vermeiden Sie Zungenbrecher
8. Umgang mit Emotionen – Ihren eigenen und denen der anderen
Als freier Redner sind Sie emotionalen Extremsituationen ausgesetzt. Das müssen Sie aushalten können.
Ihre eigenen Emotionen
Es ist völlig in Ordnung, berührt zu sein. Eine leicht zitternde Stimme zeigt Menschlichkeit. Aber Sie dürfen nicht zusammenbrechen.
Was hilft:
Vor der Rede:
- Üben Sie den Text so oft, bis Sie ihn im Schlaf können
- Atmen Sie vor emotionalen Passagen bewusst durch
- Haben Sie immer ein Taschentuch griffbereit
- Trinken Sie vorher einen Schluck Wasser
Während der Rede:
- Wenn Ihnen die Stimme bricht: Pause machen, durchatmen, weitermachen
- Wenn Sie merken, dass Tränen kommen: Das ist okay, aber verlieren Sie nicht die Kontrolle
- Fokussieren Sie sich auf Ihre Aufgabe: Diese Menschen brauchen Sie jetzt
Aus meiner Erfahrung: Die Emotionen werden mit der Zeit nicht weniger. Aber Sie lernen, damit umzugehen.
Die Emotionen der Zuhörer
Bei Hochzeiten:
Was wollen Sie erzielen, als freier Redner bei einer Hochzeit? Freude, Lachen, vielleicht auch ein paar Freudentränen. Aber keine peinliche Betroffenheit.
Technik:
- Wechseln Sie zwischen heiter und ernst
- Nach emotionalen Momenten: kurze Pause, dann leichter Ton
- Humor ist erlaubt – aber nie auf Kosten von jemandem
- Geben Sie Zeit zum Durchatmen
Bei Trauerfeiern:
Weinen ist normal. Lautes Weinen ist normal. Zusammenbrechen ist normal.
Ihre Aufgabe:
- Machen Sie Pausen, wenn jemand laut weint
- Sprechen Sie langsamer als gewohnt
- Ihre ruhige Präsenz gibt Halt
- Lassen Sie Stille zu (3–5 Sekunden können sehr lang sein – und sehr heilsam)
Ich habe Trauerfeiern erlebt, bei denen eine Minute lang niemand ein Wort sagen konnte. Dann habe ich einfach gewartet. Das ist keine verschwendete Zeit. Das ist Teil der Zeremonie.
9. Der Vortrag: Techniken für Ihre Performance
Eine gute Rede zu schreiben ist die eine Sache. Sie vorzutragen die andere.
Vorbereitung
Üben Sie. Üben Sie. Üben Sie.
- Lesen Sie die Rede mindestens zehnmal laut
- Nehmen Sie sich auf Video auf
- Üben Sie vor Freunden oder Familie
- Üben Sie am Ort selbst (wenn möglich)
Körperhaltung und Präsenz
Stehen:
- Fest und aufrecht, beide Füße parallel
- Kein Schaukeln, kein Wippen
- Gewicht gleichmäßig verteilt
Hände:
- Dürfen gestikulieren, aber kontrolliert
- Nicht wild fuchteln
- Nicht in die Hosentaschen
- Nicht nervös spielen (mit dem Ring, dem Stift)
Blickkontakt:
- Suchen Sie sich verschiedene Personen im Raum
- Halten Sie Blickkontakt 2–3 Sekunden
- Dann zur nächsten Person
- Nicht nur in die erste Reihe schauen
Stimme und Sprechtechnik
Tempo:
- Sie sprechen automatisch zu schnell
- Reden Sie bewusst langsamer, als Ihnen angenehm ist
- Machen Sie Pausen (3–5 Sekunden sind keine Ewigkeit)
Lautstärke:
- Lieber zu laut als zu leise
- Variieren Sie (leise Stellen schaffen Intimität)
- Am Ende von Sätzen nicht leiser werden
Artikulation:
- Deutlich sprechen, Endungen nicht verschlucken
- Konsonanten betonen
- Bei Zungenbrecher-Passagen besonders langsam
Betonung:
- Wichtige Worte betonen
- Nicht monoton vorlesen
- Emotionen in die Stimme legen (aber nicht übertreiben)
Manuskript oder frei?
Meine Empfehlung:
Für Anfänger: Vollständiges Manuskript, ablesen ist okay.
Für Fortgeschrittene: Karteikarten mit Stichworten, so wirken Sie freier.
Für Profis: Frei sprechen, nur Notfallkarten dabei.
Aber: Bei sehr emotionalen Trauerfeiern auch als Profi lieber mit Manuskript. Wenn Sie selbst zu berührt sind, brauchen Sie einen Text zum Festhalten.
Technische Vorbereitung
Checken Sie vorher:
- Mikrofon (funktioniert es, wo stehe ich, wie laut?)
- Musikanlage (wer bedient sie, wann kommt die Musik?)
- Beleuchtung (werde ich gut gesehen?)
- Notausgang (falls jemandem schlecht wird)
10. Was Sie unbedingt vermeiden sollten
Aus meiner Arbeit als Textcoach kenne ich alle Fehler. Hier die häufigsten:
Bei Hochzeiten
Peinliche Geschichten:
Nichts über Ex-Partner, peinliche Saufgelage, Sexualleben. Auch nicht „lustig verpackt“.
Zu viel über sich selbst:
Sie sind nicht der Star. Das Brautpaar ist es.
Insider-Witze:
Die nur fünf Leute verstehen. Der Rest der Gäste fühlt sich ausgeschlossen.
Zu lang werden:
Nach 30 Minuten schalten die meisten ab. Auch bei der schönsten Rede.
Kitsch:
„Die Liebe ist wie ein Schmetterling, der…“ – Nein. Einfach nein.
Bei Trauerfeiern
Schönreden:
Der Verstorbene wird nicht zum Heiligen. Das ist unglaubwürdig.
Religion aufzwingen:
Nur wenn die Familie es wünscht. Sonst wirkt es aufgesetzt.
Unpassender Humor:
Bei Hochzeiten ist Humor wichtig. Bei Trauerfeiern: höchste Vorsicht.
Floskeln:
„Er ist jetzt an einem besseren Ort“ – außer Sie glauben wirklich daran und die Familie auch.
Zu sachlich:
Eine Trauerrede ist kein Lebenslauf. Emotionen gehören dazu.
Allgemein
Nicht genug vorbereiten:
„Wird schon irgendwie…“ – Nein, wird es nicht.
Zu viel Alkohol vorher:
Auch wenn Sie nervös sind: nüchtern bleiben.
Ablesend ohne Blickkontakt:
Sie reden zu Menschen, nicht zu Papier.
Unsicherheit zeigen:
„Entschuldigung, ich bin so nervös…“ – Behalten Sie es für sich.
11. Honorare: Was können Sie verlangen?
Eine der häufigsten Fragen meiner Kollegen: Was kann ich verlangen?
Hochzeiten
Preisspanne in Deutschland: 800 € bis 3.000 €
Durchschnitt: 1.200 € bis 1.800 €
Was beeinflusst den Preis:
- Ihre Erfahrung (je mehr, desto mehr)
- Ihre Region (Großstadt teurer als Land)
- Aufwand (Anzahl der Gespräche, Anfahrt)
- Ihre Bekanntheit (gute Bewertungen = höhere Preise)
- Zusatzleistungen (Moderation, spezielle Rituale)
Im Preis enthalten sein sollten:
- 1–2 ausführliche Vorgespräche (je 90–120 Min.)
- Individuelle Rede (ca. 20 Seiten)
- Komplette Zeremoniegestaltung
- Anfahrt im Umkreis von 50–100 km
- Textabstimmung
- Durchführung am Hochzeitstag
Trauerfeiern
Preisspanne: 400 € bis 1.500 €
Durchschnitt: 600 € bis 900 €
Warum günstiger als Hochzeiten?
- Kürzere Reden (15–20 Min. vs. 30 Min.)
- Weniger organisatorischer Aufwand
- Keine Rituale, keine Koordination mit anderen Dienstleistern
- Viele Redner wollen in dieser schweren Situation keine zu hohen Kosten verursachen
Im Preis enthalten:
- 1–2 Vorgespräche mit Angehörigen
- Individuelle Trauerrede
- Gestaltung der Trauerfeier
- Anfahrt im Umkreis
- Abstimmung mit Bestattungsinstitut
- Durchführung am Tag der Beisetzung
Mein Rat zur Preisgestaltung
Wenn Sie als Freier Redner anfangen:
Starten Sie im unteren Bereich. Sie brauchen Referenzen, Erfahrung, Bewertungen. Honorare von 800 € (Hochzeit) und 450 € (Trauerfeier) sind völlig in Ordnung.
Nach 10–20 Reden:
Erhöhen Sie schrittweise. Wenn Sie gute Arbeit leisten, werden Sie weiterempfohlen. Dann sind 1.200 € (Hochzeit) und 650 € (Trauerfeier) realistisch.
Als etablierter Redner:
Bei hoher Nachfrage und exzellenten Referenzen: 1.800–2.500 € (Hochzeit) und 900–1.200 € (Trauerfeier).
Achtung: Verkaufen Sie sich nicht unter Wert. Diese Arbeit ist anspruchsvoll und wertvoll. Dumpingpreise schaden Ihnen und der gesamten Branche.
12. Wie Sie Aufträge bekommen
Die beste Rede nützt nichts, wenn Sie keine Auftraggeber finden. Marketing gehört zum Job.
Ihre Website – das absolute Muss
Ohne professionelle Website läuft heute nichts. Ihre Website sollte enthalten:
Pflichtangaben:
- Über mich (mit Foto und persönlicher Geschichte)
- Meine Philosophie (Wie arbeite ich? Was ist mir wichtig?)
- Leistungen und Honorare (transparent!)
- Referenzen und Bewertungen
- Kontaktmöglichkeiten (Telefon, E‑Mail, Kontaktformular)
- Impressum und Datenschutz
Besonders wichtig:
- Textbeispiele (anonymisiert, mit Einverständnis)
- Videos von Reden (wenn möglich)
- Echte Fotos von Ihnen bei der Arbeit
- Persönliche Sprache, keine Floskeln
SEO nicht vergessen:
Optimieren Sie auf Suchbegriffe wie „Freier Redner [Stadt]“, „Hochzeitsredner [Region]“, „Trauerredner [Stadt]“.
Google My Business
Unverzichtbar. Richten Sie ein kostenloses Google-Unternehmensprofil ein. Dort werden Bewertungen angezeigt – und die sind Gold wert.
Empfehlungsmarketing – die Königsdisziplin
Zufriedene Auftraggeber empfehlen Sie als Freien Redner weiter. Das ist Ihre wichtigste Quelle.
So fördern Sie Empfehlungen:
- Bitten Sie nach gelungenen Reden um eine Google-Bewertung
- Fragen Sie, ob Sie die Auftraggeber als Referenz nennen dürfen
- Geben Sie Visitenkarten mit (die weitergegeben werden können)
- Bleiben Sie in Kontakt (Geburt des ersten Kindes? Glückwunschkarte!)
Kooperationen
Mit Hochzeitsdienstleistern:
- Hochzeitsplaner
- Fotografen
- Locations
- Floristen
- Caterer
Bieten Sie Provision an (10–15% sind üblich) oder arbeiten Sie im Gegenzug auf deren Empfehlungsbasis.
Mit Bestattern:
Die wichtigste Quelle für Trauerreden. Stellen Sie sich persönlich vor, hinterlassen Sie Informationsmaterial. Bieten Sie an, kostenlos eine Erstberatung für Trauerfamilien zu machen.
Social Media
Instagram: Zeigen Sie Einblicke in Ihre Arbeit (natürlich diskret). Schöne Locations, Zitate aus Reden, Gedanken zur Arbeit als Redner.
Facebook: Teilen Sie Blogbeiträge, Tipps für Brautpaare, vernetzen Sie sich in lokalen Gruppen.
LinkedIn/Xing: Für B2B-Kontakte (Hochzeitsplaner, Event-Agenturen).
Hochzeitsportale
Seien Sie auf Portalen wie Hochzeitsportal24, Weddyplace oder ähnlichen gelistet. Das kostet meist eine Jahresgebühr, bringt aber Sichtbarkeit.
Offline-Marketing
- Visitenkarten (immer dabei haben!)
- Flyer bei Hochzeitslocations, Standesämtern, Bestattern
- Anzeigen in lokalen Magazinen
- Vorträge auf Hochzeitsmessen
- Netzwerktreffen mit anderen Dienstleistern
Geduld haben
Die ersten Aufträge kommen langsam. Das ist normal. Aus meiner Erfahrung: Im ersten Jahr 5–10 Hochzeiten und 10–15 Trauerfeiern sind realistisch. Im zweiten Jahr verdoppelt sich das oft. Und dann wächst es exponentiell – wenn Sie gute Arbeit leisten.
Schlusswort
Die Arbeit als freier Redner ist eine der erfüllendsten Tätigkeiten, die ich kenne. Sie begleiten Menschen in ihren wichtigsten Momenten. Sie schaffen Erinnerungen, die ein Leben lang bleiben.
Aber sie ist auch anspruchsvoll. Emotional, handwerklich, organisatorisch. Sie brauchen Empathie, Sprachgefühl, Nervenstärke und Professionalität.
Wenn Sie bereit sind, diese Herausforderung anzunehmen, dann kann ich Ihnen aus meiner jahrelangen Erfahrung als Redenschreiber und Textcoach nur sagen: Es lohnt sich.
Nehmen Sie sich Zeit, Ihr Handwerk zu lernen. Üben Sie. Holen Sie sich Feedback. Arbeiten Sie an Ihrer Sprache, an Ihrer Präsenz, an Ihrer Empathie. Die guten Redner unterscheiden sich von den mittelmäßigen nicht durch Talent, sondern durch Hingabe.
Und scheuen Sie sich nicht, Hilfe zu suchen. Ein Textcoach oder erfahrene Kollegen können Ihnen Jahre des Herumprobierens ersparen.
Gerne unterstütze ich Sie persönlich – mit Feedback zu Ihren Texten, mit Coaching für Ihre Performance oder einfach als Sparringspartner für schwierige Fälle. Kontaktieren Sie mich unverbindlich.
Frank Rosenbauer
Redenschreiber und Textcoach für freie Redner seit über 25 Jahren | Buchautor
Anhang: Checklisten für Ihre Praxis
Checkliste Erstgespräch Hochzeit
- Vorstellung und Beziehung zum Paar klären
- Kennenlerngeschichte erfragen
- Erste Eindrücke voneinander
- Besondere Momente der Beziehung
- Was schätzen sie aneinander?
- Gemeinsame Werte und Pläne
- Lustige Anekdoten
- Tabu-Themen klären
- Gewünschte Länge der Rede
- Rituale besprechen
- Termin für zweites Gespräch / Textabstimmung
Checkliste Erstgespräch Trauerfeier
- Vorstellung und Beziehung zum Verstorbenen klären
- Lebensstationen erfragen
- Beruf und Leidenschaften
- Familiäre Situation
- Charaktereigenschaften
- Prägende Geschichten
- Was war ihm/ihr wichtig?
- Was werden Sie vermissen?
- Auch schwierige Seiten ansprechen
- Gewünschte Länge und Stimmung
- Musik und Rituale
- Abstimmung mit Bestatter
- Termin für Textabstimmung
Checkliste Tag der Zeremonie
60 Minuten vorher:
- Location erreicht
- Mikrofon testen
- Musikanlage checken
- Position prüfen (wo stehe ich?)
- Wasser bereitstellen
- Manuskript griffbereit
- Taschentuch einstecken
30 Minuten vorher:
- Kurzer Check mit Auftraggebern
- Absprache mit Trauzeugen/Angehörigen
- Absprache mit Fotograf/Musiker
- Letzte Durchsicht des Textes
10 Minuten vorher:
- Tief durchatmen
- Mental vorbereiten
- Letzte Toilettenpause
- Nochmals Wasser trinken
Nach der Zeremonie:
- Persönlich verabschieden
- Um Bewertung bitten (dezent!)
- Visitenkarten verteilen
- Emotional abschließen (Ritual!)
Hinweis: Dieser Artikel entstand aus meiner praktischen Erfahrung als Redenschreiber und Textcoach. Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung brauchen, melden Sie sich gern.
Gerne helfe ich Ihnen auch ganz persönlich, mit meiner Erfahrung von über 5.700 Reden und als Textcoach für freie Redner seit über 25 Jahren